Festlicher Vortrag hinter zugezogenen Vorhängen: Während der 82-jährige Nahum Rakover, einer der führenden Rechtsexperten Israels, am Montagabend im Senatssaal der Berliner Humboldt-Universität über die Anwendung der Halacha im israelischen Rechtssystem sprach, blieb ihm die Sicht auf die Straße verwehrt.
Aus Protest gegen die »Bärgida«-Demonstration hatte die Hochschule ihre Beleuchtung ausgeschaltet und die Vorhänge zugezogen. »Die Lichter der Uni sollen eine solche Demo nicht erleuchten«, so Martin Heger, Professor für Strafrecht und neuere Rechtsgeschichte. Allerdings führte die Route der Demonstranten letztendlich nicht über den Boulevard Unter den Linden.
diskurs Es war bereits der zweite Hildesheimer-Vortrag, den das Rabbinerseminar zu Berlin in Zusammenarbeit mit den Berliner Studien zum Jüdischen Recht an der Humboldt-Universität veranstaltete. Den Auftakt hatte Pinchas Goldschmidt, Vorsitzender der Europäischen Rabbinerkonferenz, im Dezember 2013 gemacht.
In Erinnerung an Esriel Hildesheimer, den Gründer des ersten orthodoxen Rabbinerseminars in Berlin, widmen sich in dieser Reihe prominente Halacha-Gelehrte dem Beitrag, den das jüdische Religionsrecht in einer demokratischen Gesellschaft zum modernen Rechtsdiskurs leisten kann.
Nahum Rakover, ehemaliger stellvertretender Generalstaatsanwalt Israels und emeritierter Professor der Bar-Ilan-Universität gab seinem Publikum – Zentralratsvize Ebi Lehrer, weitere Präsidiumsmitglieder, Rabbiner, Juristen und Laien, – einen Einblick in das Wertesystem der Halacha, das auf der Verantwortung des Menschen für die Mitmenschen und dem Grundsatz beruhe: »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.«
Rundumschlag Im Judentum gelte das Leben des Menschen als gottgegeben – weswegen ein israelisches Gericht in Haifa dem Wunsch eines Klägers, eine lebensrettende Operation abzusagen, nicht entsprochen habe. Der Autor von über 30 Büchern verwies zudem darauf, dass Rabbi Meir von Rothenburg bereits im 13. Jahrhundert entschieden habe, ein Mann dürfe seine Frau nicht schlagen.
Er selbst habe 1980 in einem Gutachten die Nötigung in der Ehe mit halachischer Begründung für illegal erklärt. Rakovers Vortrag war ein Rundumschlag in 60 Minuten – eine Einführung in ein Thema, mit dem Rabbiner sich ein Leben lang beschäftigen.