So lange wurde der Urlaub herbeigesehnt, ausgemalt, wie schön er werden wird – und dann ist es zu kalt, zu heiß, zu regnerisch, zu trocken, zu windig. Mit anderen Worten: Es herrscht Wetter. Sich die Ferien davon verderben zu lassen, kommt natürlich nicht infrage. Die Jüdische Allgemeine hat deshalb nach Tipps für einen gelungenen Urlaub gefragt. Gute Vorbereitung, so viel sei vorab verraten, ist auch beim Wetter alles.
Die Historikerin und Schriftstellerin Andrea Livnat kann sich noch gut an ihr schlimmstes Ferien-Wettererlebnis erinnern: »Da war ich selbst noch ein Kind und mit meiner Mama irgendwo in Österreich zelten.«
Eine Wetterverschlechterung war angekündigt worden, und los ging der Wechsel »mit einem gigantischen Gewitter in der Nacht. Wir lagen nebeneinander im Zelt, und ich hatte schreckliche Angst. Meine Mama hielt die ganze Zeit den Autoschlüssel in der Hand und meinte, wenn etwas passiere, also zum Beispiel das Zelt wegfliegt, sollte ich sofort zum Auto laufen«. Als Mutter und Tochter dann am nächsten Tag nach Hause fuhren, schneite es unterwegs sogar.
Bei heißem Wetter ist es schön, den Tag an einem See zu verbringen.
Viele Jahre später erlebte Livnat im Urlaub ein anderes Wetterextrem: »Es gab da so einen Tag in Florenz, als es knapp 40 Grad heiß war und wir den Kinderwagen in den Uffizien herumgeschleppt haben – das war mal wirklich schlechtes Timing!«
Regen Zu kalt gebe es für ihre Kinder eigentlich nicht, sagt Livnat. »Wir waren gerade übers Wochenende in Tirol, wo es am Berg gerade einmal vier Grad hatte, das hat sie nicht gestört, im Gegenteil.« Regen fänden sie im Übrigen toll. »In Tel Aviv hatten wir den letzten Regen im April. Sowie der erste fällt, sind sie immer total begeistert und rennen sofort raus.«
Zu heiß mache den Kindern »aber schon zu schaffen, ab 35 Grad geht’s mit der Bereitschaft, irgendwie die Fasson zu wahren, schwer bergab«. Zu Hause in Israel sei der Umgang mit Hitze allerdings ganz einfach: »Fenster zu, Klimaanlage an und das Haus nicht verlassen.« In Deutschland »bemühe ich mich dagegen, bei solchen Temperaturen an einem See zu sitzen«.
Im Urlaub plane sie durchaus im Voraus, was bei widrigem Wetter unternommen werden könne: »Museum, Hallenbad, ein paar Sachen denke ich mir vorher aus, aber meistens reagieren wir spontan, es regnet ja auch selten viel am Stück.« Aber wenn das passieren würde, wäre Andrea Livnat darauf vorbereitet: »Ich bin nämlich eine begeisterte Wettervorhersagen-Checkerin, und das nicht nur im Urlaub, sondern auch im Alltag«, verrät sie. Mittels Handy-App könne sie auf einen Blick die Vorhersagen für Tel Aviv und die Wohnorte ihrer Eltern sehen, »die vergleiche ich dann immer und teile ihnen gerne das Ergebnis mit, wenn der Temperaturunterschied 20 Grad und mehr beträgt«.
ostsee »Wir gehen davon aus, dass es im Urlaub nicht so heiß wird, denn wir fahren an die Ostsee«, sagt Wiebke Rasumny, eine der Gründerinnen von »Rent a Jew«. »Mit anderen Worten: Wir sind darauf vorbereitet, bei jedem Wetter an den Strand zu gehen.« Wenn es zu kalt zum Baden sei, dann können die Kinder ja trotzdem noch im Sand spielen. »Matschen ist ja immer wunderbar, und wenn auch das nicht möglich ist, machen wir halt Ausflüge und besuchen zum Beispiel das Aquarium vor Ort.«
Ihre Kinder sind noch klein. »Das Wetter ist ihnen relativ egal. Außer, wenn es gerade in Strömen gießt, dann haben auch sie keine Lust, draußen zu sein.« Dann sei elterliche Kreativität gefragt: »Es sich bei Regenwetter drinnen gemütlich zu machen und Hörspiele zu hören, ist eine gute Option, oder es wird gepuzzelt. Netflix zum Filmegucken ist außerdem immer dabei.«
Aber ein bisschen Regen mache den Kindern nichts aus, »durch Pfützen zu hüpfen oder darin Staudämme zu bauen, finden sie ziemlich spannend«. Der »limitierende Faktor« seien da eher die Eltern, sagt Rasumny und lacht. »Nass und frierend auf einem Spielplatz zu stehen, macht keinen Spaß, aber am Meer geht das alles gut.«
Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung.
Entscheidend sei ohnehin die richtige Kleidung, »wie bei dem Spruch, dass es kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung gibt. Die Kinder sind zwar relativ hitzeresistent, aber ich achte schon darauf, dass sie entsprechend angezogen sind, und wenn es kalt ist, können sie dagegen selbst entscheiden, was sie anziehen, denn sie merken ja viel früher als ich, dass sie frieren«.
Hitze Für ihn sei das Wetter in den Ferien gar nicht so wichtig, sagt Julian Deterding, Student der Zahnmedizin. »Es kommt einfach darauf an, wo ich sie verbringe. Wenn ich Strandurlaub machen will, dann soll es natürlich schön sein, aber Landschaften und Städte entdecken kann man bei jedem Wetter.« Er besuche gern fremde Länder und lerne neue Kulturen kennen.
In diesem Spätsommer werde er darüber hinaus auch noch ein für ihn neues Wetter entdecken: »Im September reise ich nach Panama, also in ein Land, in dem es heiß und nass sein wird. Da bin ich schon gespannt, denn diese Kombi hatte ich noch nicht«, sagt er. »Das Land soll ja ein Super-Geheimtipp sein, mit vielfältiger, schöner Natur – aber ich habe mich vorher natürlich auch darüber informiert, welche Länder auf dem Kontinent berechenbar und stabil sind und wen ich da eigentlich mit meinem Geld als Tourist unterstütze.«
Auch die politische Ausrichtung eines Landes ist entscheidend dafür, ob man es bereisen kann.
Entscheidend sei die richtige Vorbereitung, »gerade für uns Europäer. Ich habe sehr helle Haut und brauche einen hohen Lichtschutzfaktor, Sonnencreme nehme ich deswegen immer mit, denn da kenne ich meine Marken und weiß, welche gut sind«.
»Eigentlich finde ich es angenehmer, wenn ich in eine wettermäßig klare Region fahre.« Israel sei so eine, »da weiß ich vorher, es wird warm, also nehme ich helle, luftige, lange Kleidung aus Baumwolle oder Leinen mit«. Oder Island: »Da wird es kalt und, wie der Rheinländer sagt: uselig, darauf kann man sich aber vorher gut einstellen – im Gegensatz zu Kontinentaleuropa, wo wirklich alles Mögliche an Wetter herrschen kann.«
Überraschungen Aber nicht immer ist das Wetter dann vor Ort wirklich so wie vorher vermutet: »Als ich vor drei Jahren in Schweden war, schien dort nur die Sonne. Eingestellt hatte ich mich auf 15 Grad und Nieselwetter, tatsächlich waren es 25 Grad, und das im Mai.« Gegen solche Überraschungen helfen Spontaneität und Shopping, findet Deterding. »Ich habe mir dann sommerlichere Klamotten gekauft, zum Glück haben die Schweden einen guten Modegeschmack.«
Und ansonsten gebe es gegen Hitze einen »Geheimtipp, der super funktioniert: einen Ventilator, aber mit einem Clou. Wenn man darauf ein feuchtes, kühles Tuch legt, versprüht er dadurch automatisch kühle Luft und wälzt nicht nur die Hitze um«.
Gegen Regenwetter hat Deterding im Übrigen auch ein probates Mittel gefunden: »Gute Laune und richtige Kleidung, das hilft immer.«