Es ist ein kniffliger Fall, der die kleine Gemeinde Wallertheim im Osten von Rheinland-Pfalz umtreibt. Der junge Bauherr Matthias Korsch wollte auf einem Grundstück am Rande des Ortes sein neues Eigenheim errichten. Das Gelände ist schon seit mehr als 60 Jahren im Besitz der Familie Korsch und eine wild bewachsene Wiese. Doch kurz bevor der 31-Jährige mit dem Bau beginnen wollte, wies ihn ein Nachbar auf die Historie des Grundstückes hin. Bis 1840 war dort der jüdische Friedhof der Gemeinde, eine folgenschwere Entdeckung. Denn nach der Halacha darf ein Friedhof niemals eine andere Verwendung finden, um die Totenruhe nicht zu stören.
Das jahrelang unbeachtete Gelände war während der Nazizeit von einem privaten Besitzer zu Ackerland umgewandelt worden und lag brach, bevor es 1950 in den Besitz der Familie Korsch kam. Erst bei einem historischen Spaziergang 2000 und einer Ausstellung vor drei Jahren entdeckte man, dass es dort einen alten jüdischen Friedhof gab. Gegen eine Bebauung gab es zunächst jedoch keinerlei Einwände. Die zuständige jüdische Gemeinde in Mainz hält sich aus der Angelegenheit heraus und sieht den Streit als Privatsache an.
Baufirma Doch ganz so einfach ist es nicht, denn rein rechtlich ist der Bund für die Versorgung alter jüdischer Grabstätten verantwortlich. Das ist unproblematisch, solange diese bekannt sind. Der Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz, Peter Waldmann, macht auf einen ähnlich gelagerten Fall von 2007 in Mainz aufmerksam. Damals zahlte letztlich die Stadt die Baufirma aus.
Der alte Friedhof am Judensand wurde nach einer Begehung durch die Orthodoxe Rabbinerkonferenz in seinem Ursprung belassen. Ihr Argument: Auch die Restauration der geschichtlich wertvollen Grabsteine rechtfertige nicht die Störung der Totenruhe.
»Man muss verstehen, dass im jüdischen Glauben an die Erhaltung des Ortes der Platz der Toten in der Ewigkeit gebunden ist«, erklärt der Landesvorsitzende. In Mainz überlege man nun, auf dem Platz ein Denkmal für die Opfer der Naziverfolgung zu errichten. Die Totenruhe will auch Matthias Korsch respektieren, vorausgesetzt, er werde in der vollen Höhe von 150.000 Euro entschädigt.