Erst ein Jahr ist es her, seit die Europäische Rabbinerkonferenz (CER) ihren dauerhaften Sitz von London nach München verlegt hat. Der Festakt zum ersten Jahrestag des Umzugs, der Anfang vergangener Woche in einem großen Münchner Hotel gefeiert wurde, zeigte aber, wie sehr bereits in dieser relativ kurzen Zeit die Verbundenheit zur neuen Heimat gedeihen konnte.
Nicht nur bietet die bayerische Landeshauptstadt dem Verband ein Domizil im Herzen der Europäischen Union, das gute Verhältnis der CER zum Freistaat und das vergleichsweise hohe Maß an Sicherheit für die jüdische Gemeinschaft machen München auch zu einer weiter wachsenden jüdischen Metropole.
Rabbiner Goldschmidt zeigte sich sichtlich zufrieden mit der neuen Heimat des Verbandes.
Gegründet 1956 auf Initiative des britischen Oberrabbiners Israel Brodie, hatte die CER ihren Sitz von da an in der Weltstadt an der Themse. Der Standortwechsel markiert damit auch eine historische Verschiebung, denn als Stimme des orthodoxen Judentums in Europa vereint die Konferenz nach eigenen Angaben über 700 religiöse Führungskräfte. Auch der Vorsitzende der CER und ehemalige Oberrabbiner von Moskau, Pinchas Goldschmidt, ist nicht erst seit dem Umzug der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern eng verbunden.
IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch erinnerte vor diesem Hintergrund im Rahmen des Festaktes auch an die Bereicherung, die die Stadt mit dem Umzug erfahren habe. Nach dem Krieg war »Deutschland ein Un-Ort für uns, und München erst recht«, betonte sie. Indessen sei aber die ehemalige »Hauptstadt der Bewegung« durch die international mit Bewunderung beobachtete Entwicklung »wieder geworden, was sie historisch lange Zeit war: eine jüdische Heimatstadt. Der Umzug der Europäischen Rabbinerkonferenz hierher war ein Beweis für diese Entwicklung und hat sie zugleich verstärkt«.
»Die Kräfte, welche die Zeit zurückdrehen wollen, gewinnen auch in München an Kraft«
Dieses positive Ereignis sei insbesondere angesichts der dramatischen Situation in europäischen Städten seit dem 7. Oktober 2023 hervorzuheben. Die jüngsten antisemitischen Ausschreitungen in Amsterdam, wo 1957 die erste Konferenz der CER abgehalten worden war, zeigten, wie bedrohlich die Lage in Europa sei. Knobloch machte zudem deutlich, die vergleichsweise gute Lage in München zu bewahren, erfordere harte Arbeit: »Die Kräfte, welche die Zeit zurückdrehen wollen, gewinnen auch in München an Kraft.«
Pinchas Goldschmidt seinerseits wählte für die jüngsten negativen Ereignisse starke Worte. Nicht nur seien die Vorfälle von Amsterdam eine »Schande für Europa«, der aufflammende Judenhass erinnere ihn insgesamt an die biblische Zeit der Unzivilisiertheit vor der Sintflut. Der Vorsitzende der CER erinnerte daran, dass »die Zehn Gebote keine bloße Empfehlung sind«. Zugleich sprach Goldschmidt der Bayerischen Staatsregierung seinen Dank aus und zeigte sich sichtlich zufrieden mit der neuen Heimat seines Verbandes.
Auch der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, bezeichnete den Umzug als ein »starkes Signal« und einen Ausdruck von »großem Rückhalt«. Er verband diese Feststellung mit »außerordentlichem Dank« gegenüber dem Freistaat. Schuster stellte den Schritt in einen gesamteuropäischen Kontext und lobte die Positionierung der Rabbinerkonferenz in Fragen wie dem Krieg gegen die Ukraine: »Wir müssen zeigen, dass unsere Werte verteidigt werden können.« Er sei erfreut und dankbar, dass sich die CER in diesen Fragen stets an die Seite des Zentralrats gestellt habe.
Ehrung für Ludwig Spaenle
Als Vertreter der Bayerischen Staatsregierung war der Staatsminister für Europaangelegenheiten und Internationales, Eric Beißwenger, zum Festakt gekommen. Das der Staatsregierung ausgesprochene Lob bezeichnete er als »Ehre und Auftrag« und hob die gute Arbeit der bayerischen Polizei hervor. Beißwenger verwies insbesondere auf das souveräne Agieren beim vereitelten Anschlag auf das israelische Generalkonsulat Anfang September und unterstrich in diesem Zusammenhang: »Wir stehen fest hinter Israel. Wir fordern die Freilassung der Geiseln und ein Ende des Terrors.«
Das »Standing Committee« der Konferenz ehrte Ludwig Spaenle einstimmig für seinen Einsatz für die jüdische Gemeinschaft.
Dem Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, Ludwig Spaenle, schließlich wurde an diesem Abend noch eine besondere Ehre zuteil: Das »Standing Committee« der Konferenz ehrte ihn einstimmig für seinen Einsatz für die jüdische Gemeinschaft. CER-Generalsekretär Gady Gronich betonte zur Begründung, Spaenle lasse seinen Versprechen auch Taten folgen. Der Geehrte erinnerte in seiner Dankesrede an den schweren Stand, den Juden im Land der Täter nach dem Zweiten Weltkrieg gehabt hätten, und äußerte seine Hoffnung, »dass eines Tages München wieder als ein jüdisches Zentrum sich ›Klein-Jerusalem‹ nennen darf«.
Gefeiert wurde an diesem Abend mit einem Festessen in drei Gängen, musikalisch begleitet vom Synagogenchor »Schma Kaulenu« unter der Leitung von David Rees. Und auch CER-Sprecher Oliver Rolofs äußerte sich am Ende zufrieden: »Wir feiern heute inmitten der Dunkelheit das Licht.«