Er bezeichnet sich selbst als »regular«. Einer, der regelmäßig da ist – und das von Anfang an. David Schapiro war schon auf Veranstaltungen von Hillel Deutschland, da hieß der Verein noch anders, und es drängten sich zwanzig Menschen in einem Wohnzimmer.
Acht Jahre ist das her. Jetzt steht Schapiro in einer großen Altbauwohnung mit hohen Decken. »Es ist großartig hier«, sagt er. Mit seiner Meinung ist Schapiro an diesem Tag nicht allein: Alle, die man fragt, sind überzeugt, dass sich der Umzug gelohnt hat.
Feierliche Anbringung der Mesusa
Vergangenen Sonntag weihte Hillel seine neuen Räume in Berlin-Kreuzberg ein. Mehrere Dutzend Personen sind gekommen, um gemeinsam zu essen, zu trinken und bei der feierlichen Anbringung der Mesusa dabei zu sein.
Yael und Katja sind aus Leipzig angereist, wo sie eine eigene Hillel-Dependance gegründet haben. Clara kommt ursprünglich aus Prag und ist begeistert von der jüdischen Vielfalt in Berlin. Palina ist das erste Mal bei Hillel – die Gruppe wurde ihr von einem Freund empfohlen.
Alle sind willkommen, auch und gerade die, die »in keine Schubladen passen«.
Neue Räume, aber dasselbe Konzept: Hillel will ein Ort für junge Jüdinnen und Juden sein, an dem diese ganz ohne Druck Judentum erleben und entdecken können. Man feiert Feste, lernt die Traditionen und Schriften, festigt die jüdische Identität. Alle sind willkommen, auch und gerade die, die »in keine Schubladen passen«, wie Schapiro es ausdrückt, der am Zacharias Frankel College in Potsdam studiert und Rabbiner werden will. Er nennt Hillel einen »pluralistischen und vielfältigen Raum, wo sich jeder wohlfühlen kann«.
Mit »Base« fing alles an
Eine Küche, zwei Büros, ein Lern- und Betraum sowie der Veranstaltungsaal in der Mitte. Endlich mehr Platz! Die Freude ist Rabbiner Jeremy Borovitz anzumerken. 2016 kam er das erste Mal mit seiner Frau, der Rabbinerin Rebecca Blady, nach Berlin, um hier die jüdische Gemeinschaft mit einem neuen Projekt zu ergänzen.
»Base«, wie die beiden das damals nannten, wuchs schnell. Bald wollten mehr Menschen zu den Veranstaltungen kommen, als in ihrer Wohnung Platz fanden. Die Gruppe schloss sich der weltweit operierenden Organisation Hillel International an und mietete neue Räume im Norden Neuköllns.
Die Gegend ist bekannt für israelfeindliche Demonstrationen, insbesondere seit dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023. Auf dem zentralen Hermannplatz prangte das rote Dreieck, mit dem die Hamas ihre Feinde markiert.
»Wir sind nicht aus Neukölln geflohen!«
rabbiner borovitz, mitgründer von hillel deutschland
Auch Borovitz bemerkt: »Die Spannungen haben seitdem zugenommen.« Er selbst sei als Kippaträger deutlich öfter belästigt worden, und einige Teilnehmer hätten sich weniger wohlgefühlt als sonst. »Ein Sicherheitsproblem gab es aber nie«, sagt der Rabbiner. Nach einem größeren Ort für Hillel habe man zudem schon vor dem 7. Oktober gesucht. »Wir sind aus unseren Räumen herausgewachsen«, sagt Borovitz und besteht darauf: »Wir sind nicht aus Neukölln geflohen!«
Hillel ist in sechs Städten vertreten
Waren sie anfangs noch zu zweit, ist Hillel Deutschland mittlerweile ein großes Team: Der Vorstand besteht aus drei Personen, 15 weitere arbeiten für den Verein. Neben Berlin gibt es in fünf weiteren Städten eine Hillel-Gruppe. Im vergangenen Jahr nahmen 1800 unterschiedliche Personen an Hillel-Veranstaltungen in ganz Deutschland teil.
»Manchmal denke ich nostalgisch an die alten Zeiten«, sagt Borovitz. Nachhaltig seien die Treffen im eigenen Wohnzimmer aber nicht gewesen. »Wir mussten wachsen, um das, was wir tun, weiterhin tun zu können.« Hier in Kreuzberg kann das Team von Hillel nun weiter das machen, was es macht. Genug Platz ist jetzt da. Vorerst.