Traditionell wird Richtfest gefeiert, wenn der hölzerne Dachstuhl eines Gebäudes errichtet ist. Der vom Berliner Büro »Staab Architekten« entworfene Erweiterungsbau des Jüdischen Museums Frankfurt bekommt kein Holzdach. So feierten am 7. März etwa 160 Gäste die Fertigstellung des Betonrohbaus. Auf dem Vorplatz des Museums versammelten sich Vertreter der Stadt Frankfurt und des Landes Hessen, beteiligte Architekten, Planer und Handwerker sowie Förderer und Unterstützer des zwischen Rothschild-Palais und Untermainanlage entstehenden Neubaus.
»Ein wunderbares Geschenk« sei die Erneuerung des Jüdischen Museums, sagt Direktorin Mirjam Wenzel. Auf 3500 Quadratmetern Grundfläche wird der Erweiterungsbau Veranstaltungsräume, Archiv und Bibliothek sowie eine Etage für Wechselausstellungen beherbergen. Die neue Dauerausstellung zu Frankfurts jüdischer Geschichte nach 1800 wird im renovierten Rothschild-Palais präsentiert. Die Ausstellungsfläche dort wird mehr als verdoppelt.
Eröffnung Die Eröffnung des neuen Jüdischen Museums ist für Sommer 2019 geplant. Im kommenden Herbst wird das Museum seinen 30. Geburtstag begehen. Geplant sind ein fünftägiges »Open-House-Event« und eine Ausstellung zeitgenössischer Kunst im bis dahin laut Plan fertigen Neubau.
Das Jüdische Museum lehre die jüdische Geschichte Frankfurts auf faszinierende Art und Weise, sagte Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) beim Richtfest. Das Land Hessen beteiligt sich mit sechs Millionen Euro an der Museumserweiterung. »Keine andere Stadt im deutschsprachigen Raum wurde so von Juden geprägt wie Frankfurt«, sagte Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD). Er würdigte dabei sowohl den Beitrag bekannter Persönlichkeiten als auch die Leistungen einfacher Menschen.
Börneplatzkonflikt Feldmann erinnerte zudem an den Börneplatzkonflikt, der 1992 zur Errichtung des Museums Judengasse führte. Dieser Konflikt habe ihn persönlich sehr geprägt. Das Jüdische Museum werde »die Erinnerung an die jüdische Vergangenheit Frankfurts bewahren, für die Gegenwart fruchtbar machen und damit ein Zeichen für die Zukunft setzen«, sagte Feldmann.
Für die Erneuerung des Jüdischen Museums und des Museums Judengasse hat der Frankfurter Magistrat insgesamt 50 Millionen Euro bewilligt. Die Arbeit des Museums sei zentral für Frankfurts Selbstverständnis als plurale und liberale Stadt, betonte Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD). Als Bauherrin dankte sie außerdem den Architekten, Planern und Handwerkern.
Dem Dank schloss sich Per Pedersen vom ausführenden Architektenbüro an. Bevor das Foyer des Neubaus besichtigt werden konnte, sprach der Bauunternehmer Anton Schick in traditioneller Zimmermannskluft den Richtspruch. Schick trank anschließend Wein auf die beteiligten Akteure und warf das Glas zu Boden. Es zersprang, was gemeinhin als gutes Omen gilt.
Während das Foyer des Erweiterungsbaus noch von Holz- und Metallstützen gesäumt ist, lässt das großzügige Atrium staunen. Salomon Korn, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt und Architekt, zeigt sich beeindruckt: »Ich freue mich, dass wir diesen wunderbaren Lichthof haben – mit dem Zenitlicht von oben, das alles hier sozusagen erleuchten wird.«
Reaktion »Als ich das erste Mal das hergerichtete und aufgeräumte Gebäude betreten durfte, war ich ganz glücklich«, berichtet Mirjam Wenzel. Das Atrium »signalisiert eine Offenheit, für die wir als Haus stehen wollen«, fügt sie hinzu. Die Vergrößerung der Ausstellungsfläche gehe mit einer programmatischen Erweiterung des Jüdischen Museums einher, erklärt Wenzel weiter.
»Wir haben in den letzten Jahren zunehmend Programme entwickelt, die in die Stadt hineinwirken und hineinstrahlen«, sagt die Museumsdirektorin. Man wolle dabei auch um neue Besuchergruppen werben: um junge Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund. Es gelte, sie an das Museum zu binden oder dafür zu interessieren. »Der neue Bau gibt uns die Möglichkeit, das zu tun«, freut sich Wenzel.
www.juedischesmuseum.de