Es war ihr erster Besuch in der Fasanenstraße. In keiner ihrer vorherigen Funktionen ist Franziska Giffey im Gemeindezentrum der Jüdischen Gemeinde zu Berlin gewesen. Nun ist sie als Regierende Bürgermeisterin auf Einladung des Gemeindevorsitzenden Gideon Joffe gekommen.
Seit dem 10. März fungiert das Gebäude in der Fasanenstraße als Aufnahmezentrum für jüdische Geflüchtete aus der Ukraine. Nach Angaben der jüdischen Gemeinde wurden dort seitdem 1300 Menschen registriert und betreut. Über 200 von ihnen hätten bisher einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Berliner Gemeinde gestellt, heißt es. Von der Situation vor Ort wollte sich Giffey nun selbst ein Bild machen.
Ehre Kurz vor ihrer Ankunft sagte Gideon Joffe, es sei »eine große Ehre und Freude« für ihn, die Regierende Bürgermeisterin empfangen zu dürfen. Man sei »häufig auf einer Wellenlänge« miteinander. Bereitwillig beantworteten er und die Gemeindegeschäftsführerin Milena Rosenzweig-Winter alle Fragen Giffeys, die sie zu den historischen Fasadenelementen sowie zu den rituellen Ausstellungsstücken im Foyer des Gemeindezentrums hatte, bevor es in den ersten Stock des Gebäudes ging.
Dort zeigte sich, was es bedeutet, die Betreuung von über 1000 Geflüchteten zu organisieren. Kinder saßen inmitten ganzer Spielzeuglandschaften und fuhren in Bobby-Cars vorüber, und im großen Veranstaltungssaal saßen an der einen Hälfte der Tische die Erwachsenen und aßen oder unterhielten sich, während auf der anderen Hälfte Berge von Klamotten lagen.
Die Geflüchteten ließen sich derweil von der Anwesenheit des politischen Gastes nicht stören. Sie wisse aber durchaus, wer da zu Besuch sei, sagte Svetlana Bletzka, die vor einem Monat aus Dnipro nach Berlin geflohen ist. Sie finde es gut, dass sich die Regierende Bürgermeisterin der Stadt für die jüdischen Geflüchteten aus der Ukraine interessiert.
Helfer Einige Minuten lang unterhielt sich Giffey mit den Helferinnen und Helfer, die an ihren blauen T-Shirts gut erkennbar waren. Zusammen mit den Mitarbeitern der Berliner Gemeinde kümmern sich die Freiwilligen um die Versorgung der Geflüchteten mit koscherem Essen, die Annahme, Sortierung und Verteilung von Spenden sowie um die Betreuung der Kinder.
Daneben stellt die Gemeinde ein Beratungsangebot für die Geflüchteten und vermittelt ihnen eine temporäre Unterkunft. Für schulpflichtige Kinder wurden Willkommensklassen in der Heinz-Galinski-Grundschule sowie im Jüdischen Gymnasium Moses Mendelsohn eingerichtet, für die Erwachsenen werden bald Deutschkurse angeboten.
Eine Helferin berichtete, dass es unter den Mitgliedern der jüdischen Gemeinde von Berlin einen überwältigenden Wunsch gibt, zu helfen. Sehr viele Menschen würden sich freiwillig melden, sagte sie. Auch sie zeigte sich erfreut von dem Besuch Franziska Giffeys, der Ausdruck »echter Wertschätzung« sei.
Nach dem Rundgang durch das Gemeindezentrum zogen sich Franziska Giffey, Gideon Joffe und Milena Rosenzweig-Winter zusammen mit einigen ihrer Mitarbeiter für ein nicht-öffentliches Gespräch zurück. In »freundschaftlicher und vertrauensvoller« Atmosphäre wurden dabei »aktuelle Belange und Projekte der Jüdischen Gemeinde erörtert«, wie anschließend bekanntgegeben wurde.