Köln

Gesichter zeigen

Bundesweit waren Menschen aufgerufen, ein Foto von sich selbst hochzuladen und sich an der Kampagne zu beteiligen. Foto: Shalom Selfie

Köln

Gesichter zeigen

Wie das Projekt »Shalom Selfie« ein Zeichen für Toleranz und Zusammenhalt setzen will

von Ulrike Gräfin Hoensbroech  17.06.2021 08:50 Uhr

Ein Selfie, ein selbst gemaltes Bild oder ein Foto als Zeichen für Zusammenhalt und gegen Antisemitismus! Mit dieser schlichten Mitmachaktion soll eine nachhaltige Botschaft für eine offene, tolerante und friedliche Gesellschaft gesetzt werden. »Wir brauchen ein sichtbares Zeichen, das zeigt, dass wir in diesem Land – Jude wie Nichtjude – jeden akzeptieren, so wie er ist«, sagte Abraham Lehrer, der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, bei der Vorstellung des Projekts »Shalom Selfie – Zeigt Zusammenhalt!«.

Neben der Synagogen-Gemeinde Köln (SGK), zu deren Vorstand Lehrer gehört, rufen die Stadt Köln sowie das Kölner Forum für Kultur und Dialog dazu auf, sich zu beteiligen. Auf einer eigens eingerichteten Plattform im Internet können Personen mitmachen und ein Bild hochladen.

Schulen Bis zum 5. Juli hoffen die Organisatoren in Anlehnung an das Festjahr »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« auf 1700 individuelle Beteiligungen. Insbesondere Kinder und Jugendliche aus Schulen und Jugendeinrichtungen sind aufgerufen mitzumachen. »Es müssen noch viele junge Menschen mit dem Thema Antisemitismus in Berührung kommen«, begründete der 17 Jahre alte Mihajlo Mitrovic von der Geschwister-Scholl-Realschule in Köln-Ehrenfeld bei der Vorstellung der Aktion seine Mitwirkung.

Lehrerin Anne Blank ergänzte: »Das Judentum und damit verbundenes jüdisches Leben ist ein wichtiges Thema unserer Zeit, es muss an den Schulen stattfinden!« Die Pädagogin hofft, dass mit der Aktion gerade die Lebenswelt junger Menschen angesprochen wird und dazu beitragen kann, über Toleranz nachzudenken.

Auch Ministerpräsident Armin Laschet ist von der Wirkung der Selfie-Aktion überzeugt.

Schon jetzt liegen mehr als 450 Motive vor, darunter auch ein Foto des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet. »Dieses Online-Projekt zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, bereits Schülerinnen und Schüler für ein friedvolles Miteinander zu sensibilisieren«, schreibt der Politiker in einem Grußwort und fügt mit Blick auf die junge Generation hinzu: »Sie sind es, die die Zukunft unseres Landes bestimmen. Und ich bin überzeugt: Sie sind es, für die jüdisches Leben nach so vielen Jahrhunderten endlich eines sein wird: eine wunderbare Selbstverständlichkeit.«

Antisemitismus Wie weit indes die Gesellschaft von einer solchen Selbstverständlichkeit aktuell entfernt ist, machte Abraham Lehrer mit Blick auf die jüngsten antisemitischen Vorfälle deutlich. »In den vergangenen Wochen sind wir von antisemitischen Vorfällen fast überrollt worden. Wir hätten uns nicht vorstellen können, dass das auf unseren Straßen nochmal passiert.«

Was dem Zentralratsvize vor allem gefehlt hat, »ist der eigentliche Beistand aus der Mitte der Gesellschaft und nicht nur von Funktionären«. Vor diesem Hintergrund könne die Kunstaktion möglicherweise zu einem solchen Zeichen aus der Mitte der Gesellschaft werden. Claudia Hessel, Vorsitzende des Kölner Forums Kunst im Dialog, hob hervor: »Es geht um Akzeptanz und Respekt nicht nur im jüdischen Festjahr, sondern auch und gerade in Zeiten, in denen unsere Gesellschaft auseinanderzudriften droht.« Mit der Kunst­aktion sollten »die positiven und toleranten Stimmen gestärkt werden«.

Das Projekt wurde von Anfang an von Ruth Schulhof-Walter, Vorstandsmitglied des Vereins »321 – 2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« sowie Mitglied der SGK, begleitet. »Es ist schön zu sehen, wie aus einer Idee eine solch wertvolle Aktion geworden ist: ein Projekt, an dem sich jeder beteiligen kann.«

Das gemeinsam erstellte Plakat mit den Fotos soll im August an zentraler Stelle aufgehängt werden.

Aus allen Bildern soll ein überdimensionales Mosaik entstehen, das den Schriftzug »Shalom + Frieden für alle« ergibt. Diesen hatte eine Gruppe von jüdischen und nichtjüdischen Kindern und Jugendlichen aus Kölner Schulen und Jugendeinrichtungen auf Einladung der SGK unter Anleitung von Kunstpädagogen und Street-Art-Künstlern drei Tage lang erarbeitet. Im August soll das Plakat für einige Wochen weithin sichtbar an zentraler Stelle in der Kölner Innenstadt gegenüber dem Dom aufgehängt werden.

Begegnung

Raum für das Unvergessene

Jede Woche treffen sich Schoa-Überlebende im Münchner »Café Zelig«, um Gemeinschaft zu finden im Schatten der Geschichte. Ein Ortsbesuch

von Katrin Diehl  23.04.2025

Interview

»Das Gedenken für Jugendliche greifbar machen«

Kurator Pascal Johanssen zur neuen Ausstellung im ehemaligen Jüdischen Waisenhaus in Pankow

von Gerhard Haase-Hindenberg  21.04.2025

Porträt der Woche

Austausch mit Gleichen

Maria Schubert ist Gemeindesekretärin in Magdeburg und tanzt gern

von Alicia Rust  18.04.2025

Feiertage

Hymne auf die Freiheit

Der Alexander-Moksel-Kindergarten führte im Gemeindezentrum ein Pessach-Musical auf

von Vivian Rosen  17.04.2025

Berlin

Mazze als Mizwa

Das Projekt »Mitzvah Day« unterstützt die Berliner Tafel mit einer Lebensmittel-Spende

von Katrin Richter  17.04.2025

Berlin

Berlin: Gericht bestätigt fristlose Kündigung von Rabbiner

Das Berliner Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung eines Rabbiners wegen sexueller Belästigung eines weiblichen Gemeindemitglieds bestätigt

 16.04.2025

Jewrovision

»Schmetterlinge im Bauch«

Nur stilles Wasser trinken, noch einmal gut essen, dann geht es auf die Bühne. Die Moderatoren Masha und Gregor verraten, wie sie sich vorbereiten und mit dem Lampenfieber umgehen

von Christine Schmitt  16.04.2025

München

Hand in Hand

Ein generationsübergreifendes Social-Media-Projekt erinnert an das Schicksal von Schoa-Überlebenden – Bayern-Torwart Daniel Peretz und Charlotte Knobloch beteiligen sich

von Luis Gruhler  15.04.2025

Literatur

Die Zukunft Israels hat längst begonnen

Der Schriftsteller Assaf Gavron stellte im Jüdischen Gemeindezentrum seinen aktuellen Erzählband vor

von Nora Niemann  14.04.2025