In der Goldgasse zu Arnstein herrscht Geschäftigkeit. Kirchenmaler sind in dem unterfränkischen Örtchen am Werk und diskutieren über Farbnuancen. Manchmal werden sie von Besuchern, die sich für den Fortschritt ihrer Baustelle interessieren, in ihrer feinfühligen Arbeit gestört.
In der Gemeinde nahe der Bischofsstadt Würzburg wird derzeit die ehemalige Synagoge aus den Schutthalden der Geschichte befreit. Durch mehrere Zufälle hat das Gebäude die Nazizeit zwar mit einigen Blessuren, aber dennoch überstanden. 1938 hatten die meisten Juden den Ort verlassen – das Gebäude war profaniert worden. Es wurde verkauft und nach dem Zweiten Weltkrieg wenig sorgfältig umgebaut.
Glücksfall Die Oberflächlichkeit der 50er-Jahre entpuppt sich heute als architektonischer Glücksfall. In die Synagoge wurden zwei Zwischendecken eingezogen, die Wände einfach überputzt. Ursprüngliche Fenster des Gotteshauses wurden zugemauert, an anderen Stellen die Wände durchbrochen. So entstand ein Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Die frühere Nutzung blieb dennoch in der Erinnerung der Menschen.
Vor rund 20 Jahren sollte die Synagoge abgerissen werden. Da ergriff der damalige Bürgermeister Roland Metz die Initiative. In seiner Familie wurden immer Geschichten über die frühere jüdische Gemeinde erzählt. Für ihn war klar: Die Synagoge musste erhalten werden. 1994 kaufte die Stadt Arnstein die Immobilie.
Metz gründete den Förderverein »Alte Synagoge Arnstein«. Ziel des Vereins ist es, die Synagoge zu erhalten und ihr neues Leben einzuhauchen. Es dauerte einige Zeit, bis die Gelder zur Sanierung zusammenkamen. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege musste für das Gebäude aus dem Jahr 1819 einbezogen werden.
Seit zwei Jahren kommen die Bauarbeiten gut voran. Unter dem Putz kamen große Teile der Bemalung aus dem Jahr 1905 wieder zum Vorschein. Ein besonderer Glücksfall ist es, dass im Dachboden die Deckenbemalung des Tonnengewölbes überlebt hat. »Das ist der Sternenhimmel über Arnstein«, schwärmt Roland Metz über die faszinierende Darstellung.
Sanierung Bei so viel Engagement ist es nicht verwunderlich, dass sich der Vorsitzende der Kultusgemeinde in Bayern und Zentralratsvizepräsident, Josef Schuster, ein Bild von den Sanierungsarbeiten macht. Schuster zeigte sich begeistert von dem Einsatz der Arnsteiner Bürger.
»Es ist ein beispielhafter Umgang einer Stadt mit ihrer Geschichte«, lobt er die Arbeit des Fördervereins. Allein schon die Tatsache, dass die Kommune die ehemalige Synagoge erwarb und auch die Mittel für die Renovierung zusammenbrachte, sei außergewöhnlich.
Fragt man Roland Metz nach seinen Motiven, geht es ihm vor allem darum, dass jüdische Menschen in Arnstein wieder ihre Wurzeln finden können. Die Stadt kann auf eine stolze Geschichte zurückblicken. So kam Isaak Arnstein von hier – Schwiegervater der berühmten Fanny von Arnstein. Ebenfalls aus Arnstein kam der Rechtsanwalt Michael Siegel, dessen Fotos von Misshandlungen in München 1933 die Welt aufschreckten. Die tiefen jüdischen Wurzeln lassen sich ab diesem November im »Lern- und Begegnungsort Synagoge Arnstein« erforschen.
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