Zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt als Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland war am Mittwoch Josef Schuster Hauptgast im Münchner PresseClub. Anfänglich vom stellvertretenden Vorsitzenden des Clubs, Peter Schmalz, später von den geladenen Medienvertretern befragt, wünschte man sich von Schuster vor allem Information und Stellungnahmen zu brisanten Themen.
So fiel das unvermeidbare Stichwort von den »gepackten Koffern«, auf denen in der Nachkriegszeit die meisten jüdischen Familien vermeintlich saßen, weil sie Deutschland nur als Durchgangsstation betrachteten. Unter Werner Nachmann als Präsident des Zentralrats sei es dann wirklich darum gegangen, die jüdischen Gemeinden mit Zukunftsperspektive in Deutschland zu etablieren, sagte Schuster.
Kontingentflüchtlinge Die Integration der Kontingentflüchtlinge – dann in den 90ern – »muss als Erfolg verbucht werden«, betonte er. Es sei nicht nur darum gegangen, die Neuankömmlinge in den jüdischen Gemeinden, sondern auch in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. »Und das haben wir hinbekommen.«
Zu dem Einwurf, »auch Übertritte könnten die Gemeinden vergrößern«, befand Schuster, dass Giurim sehr gut überlegt und deshalb nicht leicht zu haben sein sollten. Ob es so etwas wie eine moralisch mahnende Funktion des Zentralrats gebe, wurde weiter gefragt. »In der Satzung steht davon jedenfalls nichts«, antwortete Schuster. Dennoch werde er von den Medien häufig in diese Rolle gedrängt: »Das finden sie interessant.«
Schließlich die Frage nach den Stolpersteinen, die in München derzeit heiß diskutiert würde. In Schusters Heimatstadt Würzburg seien sie längst verlegt, betonte Schuster. »Und ich beobachte gerne, wie sich die Menschen, über den Boden gebeugt, damit beschäftigen«. Es sei eine gute Form des Gedenkens, findet er, »sicher nicht die allein seligmachende«.
Sicherheit Auf die »eigentliche« Frage des Abends »Fühlen sich Juden in Deutschland 2015 noch sicher?«, antwortete der Zentralratspräsident mit: »Ja«. Auch wenn über den neuen Antisemitismus ernsthaft nachzudenken sei. Und er bleibe dabei, dass es »in einigen Problemvierteln mit hohem muslimisch-arabischem Bevölkerungsanteil nicht ratsam ist, sich offen als Jude zu zeigen«. Er wünsche sich Schulen mit islamischem Religionsunterricht von gut ausgebildeten Religionslehrern in der Unterrichtssprache Deutsch.
Das Atomabkommen mit dem Iran sieht Schuster kritisch. Noch immer wolle der Iran Israel von der Landkarte tilgen. Lieber wolle er über »an Wunder grenzende Ereignisse« reden. Dass die Makkabiade erstmals nach der Schoa in Berlin stattfinde, sei so eins. »Und wenn am Ende meiner Amtszeit auf den Polizeischutz jüdischer Einrichtungen verzichtet werden könnte, würde auch das ein Wunder sein.« Und vielleicht werde irgendwann aus dem Zentralrat der Juden in Deutschland der Zentralrat der deutschen Juden.