Mecklenburg-Vorpommerns Landesrabbiner William Wolff geht zum 31. März in den Ruhestand – heißt es. William Wolff und Ruhestand? Ein Mann, der mit 75 Jahren sein Amt als Landesrabbiner antrat, der kennt keinen Ruhestand. Der mittlerweile 88-Jährige wird ab dem 31. März zwar nicht mehr hauptamtlich im Nordosten tätig sein, fungiert aber noch als ehrenamtlicher Landesrabbiner. Und als dieser bleibt Wolff ein sehr gefragter Gesprächspartner. In seinem Kalender sind für die kommenden Wochen schon zahlreiche Termine notiert.
Pendeln Anfang April reist der Rabbiner zunächst in seine englische Wahlheimat. An Pessach leitet er in Newcastle einen Gottesdienst. Seit er im April 2002 Landesrabbiner von Mecklenburg-Vorpommern wurde, gehörte das Pendeln zwischen dem Festland und der britischen Insel zu seinem Alltag. Bahn und Flugzeug verbanden das Häuschen in der Nähe von London mit der Wohnung in Schwerin.
In der Landeshauptstadt und in Rostock hat sich Wolff um das religiöse Leben verdient gemacht, gab den fast ausschließlich aus der ehemaligen Sowjetunion emigrierten Juden Selbstbewusstsein, vermittelte ihnen ihre Religion. Er hat entschieden dabei geholfen, dass sich in Rostock und Schwerin funktionierende Gemeinden entwickelten. Und er öffnete diese nach außen. Sein unverkrampftes Auftreten sorgte für ein entspanntes Verhältnis von Juden und Nichtjuden in Mecklenburg-Vorpommern.
Flucht Der 1927 in Berlin Geborene, der mit seinen Eltern vor den Nazis in die Niederlande und später nach Großbritannien geflüchtet war, kam nach Jahrzehnten in sein Geburtsland zurück. Er erinnerte an die deutsche Geschichte, er mahnte und ließ zugleich keinen Zweifel daran, dass das Deutschland des 21. Jahrhunderts ein gänzlich anderes ist als das, das er 1933 verlassen musste.
Wolff hat in der Bundesrepublik und besonders in Mecklenburg-Vorpommern Spuren hinterlassen. Für sein Engagement, für sein humorvolles Auftreten, für seine offenen Worte ist er mit der Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Greifswalder Universität, mit dem Siemerling-Sozialpreis des Dreikönigsvereins in Neubrandenburg, mit dem Bundesverdienstkreuz sowie 2014 mit der Ehrenbürgerschaft der Stadt Schwerin geehrt worden. Und hier wird Wolff auch künftig mehr als nur einen Koffer haben, er behält seine Wohnung im Gemeindezentrum.
Der neue Mit dem 1. April kommt ein neuer Rabbiner nach Schwerin. Yuriy Kadnykov wird künftig die Gottesdienste und Feste in der Landeshauptstadt und in Rostock leiten, sich um Beerdigungen kümmern und in der Sonntagsschule unterrichten. Kadnykov, 1975 auf der Krim geboren, wurde im November 2011 in Bamberg zum Rabbiner ordiniert. Erfahrungen sammelte er in den jüdischen Gemeinden von Mönchengladbach, Magdeburg und Bad Pyrmont.
Seinen ersten Gottesdienst wird Kadnykov an Pessach in Schwerin leiten. In Mecklenburg-Vorpommern beginnt etwas Neues – ein junger Rabbiner und ein erfahrener Landesrabbiner im Ehrenamt. Zwei, die sich ergänzen können. Einer kommt, der andere geht. Doch wer William Wolff kennt, weiß: Er geht noch lange nicht.