Frankfurt

Gemeinsames Gedenken

Konzert zum Abschluss Foto: Rafael Herlich

Es war eine außergewöhnliche Feier und in ihrer Art bestimmt auch eine Premiere: Am Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vor 70 Jahren hatten sich Vorstand und Mitglieder der B’nai B’rith Schönstädt Loge und des Profifußballvereins Eintracht Frankfurt am Dienstag zum gemeinsamen Gedenken in den Räumen der Loge versammelt.

Ralph Hofmann, Präsident von B’nai B’rith, begrüßte die zahlreichen Gäste – darunter auch einige Angehörige des Diplomatischen Corps – und sagte, dass der 27. Januar ebenso wie der 9. November ein Tag der traurigen Erinnerung sei. Mit der Reichspogromnacht am 9. November 1938 habe die systematische Verfolgung der Juden begonnen. Mit der Befreiung der Häftlinge von Auschwitz am 27. Januar 1945 sei diese aber noch nicht beendet gewesen.

Gegenwärtiger Terror
Hofmann erinnerte an die zu diesem Zeitpunkt einsetzenden Todesmärsche, bei denen ebenfalls Tausende Juden an Hunger, Entkräftung und Unterkühlung starben. Aber mittlerweile werde am 9. November auch der Fall der Berliner Mauer gefeiert. »Doch dieses Ereignis ist ohne die beiden anderen Daten nicht denkbar.« Gleichzeitig unterstrich Hofmann, dass man nicht nur Rückschau auf vergangene Gräuel halten dürfe, denn die Attentate von Paris hätten gezeigt, dass auch heute »Terroristen Menschen töten, nur weil sie jüdisch sind«.

Vehement sprach sich Eintracht-Präsident Peter Fischer für ein klares Bekenntnis gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus aus. »Wir werden uns Arm in Arm solidarisch bekennen und nicht schweigen, bis diese kleine Gruppe an Verirrten ganz verschwindet.«

Vor einiger Zeit hatte der Eintracht-Präsident mit einem Interview für Aufregung gesorgt, weil er darin an die Fans appelliert hatte: »Wenn es braunes Pack gibt in den Stadionkurven, dann prügelt es heraus!« Diese Äußerung hatte ihm eine Anzeige wegen Aufforderung zur Gewalt eingebracht, was Fischer allerdings sehr gelassen nahm. Stattdessen erfüllt es ihn sichtlich mit Stolz, dass die 27.000 Vereinsmitglieder aus 100 verschiedenen Nationen stammen.

Ausgrenzung
Der 58-Jährige, der erst vor wenigen Tagen in sein Amt wiedergewählt worden, erinnerte außerdem an die Situation jüdischer Eintracht-Mitglieder, denen man nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten plötzlich die Zugehörigkeit aufkündigte. »Heute noch Mannschaftskamerad – morgen schon der Todfeind.« Aber es hätte vereinzelt auch Unterstützung für sie gegeben. »Einige aus dem Verein haben versucht, zu helfen, indem sie jüdische Verfolgte bei sich versteckten, ihnen Geld gaben, oder ihnen bei der Flucht ins Ausland halfen.«

Frankfurts Stadtkämmerer Uwe Becker hob hervor, dass »der Nationalsozialismus nicht als Naturkatastrophe über Deutschland hereingebrochen« sei, sondern nur möglich wurde, »weil zu viele mitgemacht haben«. Vom treusorgenden Familienvater zum Peiniger, der erschöpfte KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter mit Tritten und Schlägen malträtierte, habe oft »nicht mehr als ein Fußweg gelegen«, eben jene kurze Distanz zwischen Dienststelle und Zuhause, auf der sich der Mensch tagtäglich in einen Unmenschen verwandelte.

Die Gräuel der NS-Herrschaft seien »auch Bestandteil der Frankfurter Stadtgeschichte«, betonte der CDU-Politiker und forderte »ein öffentliches Bekenntnis zu dem, was unsere Stadt mit der Vertreibung und Ermordung ihrer jüdischen Mitbürger verloren hat«.

Programm
Nach einer Gedenkzeremonie, bei der Vorbeter Benjamin Maroko das »Ani Maamin« und »El Male Rachamim« vortrug, stellte Matthias Thoma, Geschäftsführer des Eintracht-Museums, seine Dokumentation vor, in der er Lebensläufe und Schicksale jüdischer Vereinsmitglieder nachgezeichnet hat. Ein Potpourri von Schlagern jüdischer Komponisten der 20er- und frühen 30er-Jahre bildete den Abschluss der Veranstaltung. Somit mischte sich am Ende doch ein Moment der Heiterkeit in den Ernst und die Trauer des Gedenkens.

ZWST-Tagung

Das Fremdsein überwinden

Experten tauschten sich über Strategien zur besseren Integration von Minderheiten aus

von Johanna Weiß  19.11.2024

Porträt

»Da gibt es kein ›Ja, aber …‹«

Der Urgroßvater von Clara von Nathusius wurde hingerichtet, weil er am 20. Juli 1944 am Attentat gegen Hitler beteiligt war. 80 Jahre später bekommt seine Urenkelin einen Preis für Zivilcourage und gegen Antisemitismus. Eine Begegnung

von Nina Schmedding  19.11.2024

Berlin

»Babka & Krantz« im Haus der Wannsee-Konferenz

Die jüdische Meisterkonditorei begrüßt ab dem 3. Dezember seine Gäste

 19.11.2024

Ehrung

Josef Schuster erhält Ehrendoktorwürde der Uni Würzburg

Seine Alma Mater ehrt ihn für seine Verdienste »um die Wissenschaft und um das kirchliche Leben«

von Imanuel Marcus  19.11.2024

Berlin

Ehrung für Margot Friedländer

Sie erhält den »Preis für Verständigung und Toleranz« des Jüdischen Museums

 17.11.2024

Engagement

Im Kleinen die Welt verbessern

Mitzvah Day: Wie der Tag der guten Taten positiven Einfluss auf die Welt nehmen will

von Paula Konersmann  17.11.2024

Porträt der Woche

Entscheidung in der Nacht

Alexander Khramtsov floh als russischer Oppositioneller nach Freiburg

von Anja Bochtler  17.11.2024

Gera/Weimar

Stolperstein geschändet und Gedenkkränze gestohlen

Am Denkmal des ehemaligen Synagogenraumes waren die Kränze am 9. November abgelegt worden

 16.11.2024

Hannover

»Dieses schockierende Ereignis trifft unsere ganze Stadt«

Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) ist entsetzt über antisemitische Schmierereien – rund 800 Menschen demonstrierten

 16.11.2024