Herr Kovacs, im Rahmen von »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« planen Sie mit Sukkot XXL das größte Laubhüttenfest Europas. Was möchten Sie erreichen?
Das Festjahr als Ganzes möchte jüdisches Leben sichtbar und erlebbar machen. Wir wollen Schwellenängste abbauen und dem erstarkenden Antisemitismus etwas entgegensetzen. Mit dem Projekt versuchen wir niedrigschwellig, eine breite Gesellschaft zu erreichen. Es soll vielen Menschen in Deutschland ermöglichen, ein jüdisches Fest und die damit verbundenen Traditionen kennenzulernen und vor allem zu erleben. Kennenlernen und gemeinsames Erleben bauen Vorurteile ab und sind wichtige Schritte im Kampf gegen Verschwörungsmythen und antisemitisches Gedankengut.
Warum gerade dieses Fest?
Es gibt zwei Dinge, die alle Menschen in Deutschland vereint: der Spaß am Bauen und die Freude am Dekorieren. Bei Sukkot XXL geht es genau darum: Wir bauen und dekorieren gemeinsam eine Laubhütte. Wir verbringen gemeinsam Zeit in der Sukka, essen und trinken miteinander.
Wer macht mit?
20 jüdische Gemeinden sowie Vereine, Sportverbände und 30 Städte haben sich beworben. Uns war wichtig, dass sich nichtjüdische Veranstalter immer mit einer jüdischen Gemeinde zusammentun. Die Bausätze für die Laubhütten konnten bei unserem Verein bestellt werden. Auf unserer Website www.sukkotxxl.de lässt sich eine Bauanleitung abrufen, dazu gibt es eine Einkaufsliste und ein Video, in dem Rabbiner Aharon Ran Vernikovsky erklärt, wie die Sukka aufgebaut wird. Wir laden alle ein, mitzumachen!
Pandemie und schwere antisemitische Vorfälle kamen im Frühjahr dazwischen.
Ja, und wir können auch die Ängste einiger Gemeinden verstehen, die sich Sorgen um die Sicherheit machen. Andere sagten nach dem schrecklichen Frühjahr: Jetzt erst recht! Wir haben Formate entwickelt, die jene erreichen sollen, die nicht vor Ort sind. Es wird ein Sukkot-Video des Puppentheaters Bubales geben, das auf unserer Website und auch auf unseren sozialen Kanälen veröffentlicht wird. Zudem haben wir für Kinder ein Mal- und Mitmachbuch zu Sukkot veröffentlicht. Es wird vor Ort verteilt, kann aber auch auf unserer Website als PDF heruntergeladen werden.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Wir wollten mit Sukkot XXL auch einen Paradigmenwechsel herbeiführen, von der Lethargie nach 1945 hin zu einem jungen selbstbewussten Judentum. Wir wollen gegenseitige Ängste abbauen. Ängste von jüdischer Seite, aber auch von nichtjüdischer Seite, aufgrund von Unkenntnis ungewollt Grenzen zu überschreiten. Wir haben Netzwerke und neue Formate geschaffen. Meine Hoffnung ist, dass wir damit nachhaltig wirken konnten und dass viele der gemeinsamen Erlebnisse Bestand haben.
Mit dem Geschäftsführer des Vereins »321–2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« sprach Heide Sobotka.