Es ist Freitagabend, im Frankfurter Ge- meindezentrum sind die Tische festlich gedeckt, an einer mit bunten Luftballons dekorierten Fotowand posieren Mädchen für Erinnerungsbilder. Ihre Geschwister spielen und toben, auch die Eltern und Großeltern kommen in den Saal – und miteinander ins Gespräch. 25 Mädchen wollen gemeinsam mit ihren Familien ihre Batmizwa-Feier nachholen. »Es ist eine Gelegenheit für alle, zusammen zu feiern«, betont Gemeinderabbiner Avichai Apel und berichtet von der Arbeit des Bat-Mizwa-Clubs, den seine Frau Bilha leitet.
Mädchen im Alter von elf bis zwölf lernten dort, so Apel, ein Jahr lang viel über ihre Wurzeln, das Judentum und Israel. Sie lernten auch jüdische Persönlichkeiten, vor allem Frauen, aus dem Tanach und aus der Geschichte, kennen. Sie basteln Kerzenständer für Schabbat und lernen, wie man eine Challa backt. In der Pandemie habe sich der Bat-Mizwa-Club häufig per Zoom getroffen, erzählt Apel. Nur wenige Termine hätten vor Ort stattgefunden.
Vorbereitung Als Rabbiner begleite er den Club. »Wenn eine Batmizwa in der Synagoge gefeiert wird, bereite ich das Mädchen auf ihre Rede vor.« Jedes Mädchen komme zwei Monate zuvor zu ihm. »Wir lernen etwas zusammen, besprechen entweder den Wochenabschnitt oder andere Themen, die das Mädchen interessieren.«
Auf einem Tisch steht eine Box mit einem Porträtfoto von einem der 25 Batmizwa-Mädchen. In dem Kästchen liegen zwei Briefe – von der Mutter an die Tochter und von der Tochter an die Mutter. Solche Boxen stehen auf allen Tischen. »Es ist ein Versuch, etwas zu gestalten, was die Familien nicht mehr machen werden«, sagt Avichai Apel. Denn viele der heute feiernden Mädchen seien nicht mehr zwölf.
Einige Mädchen sind schon 13 Jahre alt, weil sie ihre Batmizwa wegen Corona nicht individuell feiern konnten.
Eine der Mütter, deren Töchter an diesem Freitagabend ihre Batmizwa-Feier nachholen, ist Anastasia Quensel. »Ich bin stolz auf die Mädchen und auf meine Tochter«, sagt sie. »Das Gemeinschaftliche ist schön für Familien, die sich eine eigene Feier nicht leisten können.« Die Mädchen sehen, so Quensel, dass sie nicht allein sind. Auch Hadar Katz, deren Tochter ebenfalls ihre Batmizwa feiert, würdigt das Konzept: »Ich finde es schön, dass jedes Mädchen hier die gleiche Chance bekommt, denn die Feiern sind sonst oft unterschiedlich.«
Zeremonie Die Zeremonie beginnt mit einer Ansprache von Bilha Apel. »Ich freue mich, dass wir es geschafft haben, in kurzer Zeit so ein schönes Fest zu machen«, sagt die Rebbetzin. Das vergangene Jahr sei für alle eine etwas andere Zeit gewesen. Zwei Gruppen aus dem Bat-Mizwa-Club feierten an diesem Abend, erläutert sie. Viele von ihnen seien schon 13. »Ich bin sehr stolz auf jedes Mädchen und liebe jedes Mädchen.«
Von kräftigem Applaus des Publikums begleitet und von vielen Handykameras gefilmt, tanzen die Mädchen eine einstudierte Choreografie. Jede von ihnen erhält eine Urkunde, ein Gebetbuch und vom Gemeindevorstand ein Israel-Bond-Zeugnis als Geschenk. Nachdem Rabbiner Apel einen Segen für die Mädchen gesprochen hat, ist es an der Zeit, die Schabbatkerzen anzuzünden. Der vom Rabbiner geleitete Kabbalat-Schabbat-Gottesdienst und die gemeinsame Mahlzeit beschließen diesen bedeutsamen Abend.