Juden, Christen beider Konfessionen und Muslime haben am vergangenen Sonntag gemeinsam der Opfer der Massenmorde im »Dritten Reich« gedacht. Die Zeremonie am Mahnmal »Mensch achte den Menschen« auf dem Friedhof der Gedenkstätte Hadamar hatte Seltenheitswert. Nach Angaben des organisierenden Internationalen Bundes hat es noch nie zuvor eine vergleichbare Zusammenkunft mit Vertretern der drei monotheistischen Religionen unmittelbar an einem Ort der nationalsozialistischen Verbrechen gegeben.
Gedenkstunde In Hadamar waren von 1941 bis 1945 fast 15.000 Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen ermordet worden – in einer psychiatrischen Klinik, die unmittelbar an die Kleinstadt angrenzt. »Jeder, der etwas hätte wissen wollen, hätte auch etwas wissen können«, sagte Daniel Neumann, der bei der Gedenkstunde als Geschäftsführer den Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen vertrat. Auch wer etwas gegen die Verbrechen habe tun wollen, sei dazu in der Lage gewesen. Schließlich hatten Proteste der katholischen Kirche 1942 zu einer Unterbrechung der Morde geführt.
»Wir sind in Gedanken bei den Opfern«, betonte Selcuk Dogruer, Beauftragter für interreligiöse Zusammenarbeit des halbstaatlichen türkischen Religionsvereins Ditib. »Es ist für uns ein Ort der Schuld, denn die Mehrzahl der Täter waren Christen«, sagte Georg Poell als Vertreter der katholischen Kirche. »Der Ort stellt uns die Frage: Wie hätten wir reagiert?«, ergänzte der evangelische Pfarrer Thomas Eberl.
Eingebettet war die Gedenkstunde in ein Seminar für Mitglieder der Ditib-Moscheegemeinde aus der Kreisstadt Limburg sowie in eine Podiumsdiskussion zum Thema: »Vielfalt – Belastung oder Bereicherung für die Demokratie?«