Repräsentanten des Christentums und des Judentums wollen sich gemeinsam gegen Fremdenhass und für die Integration von Flüchtlingen, zugleich aber auch gegen Antisemitismus einsetzen.
Das erklärten evangelische und katholische Kirchenvertreter und Mitglieder der Allgemeinen und der Orthodoxen Rabbinerkonferenz am Montagabend in Hannover bei einer öffentlichen Veranstaltung zur »Woche der Brüderlichkeit«. Zuvor hatten die Rabbiner und Bischöfe mehrere Stunden intern zum Thema Integration beraten.
Anerkennung Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, betonte, die deutsche Hilfsbereitschaft bei der Aufnahme von Flüchtlingen werde international aufmerksam wahrgenommen. »In allen Ländern, in denen ich in jüngster Zeit unterwegs war, habe ich Anerkennung und Hochachtung für die großzügige Aufnahme der Flüchtlinge in Deutschland gehört«, sagte der bayerische Landesbischof.
Bedford-Strohm betonte, bei der Aufnahme von Flüchtlingen müsse der Blick über Europa ausgeweitet werden. Er sei dankbar dafür, dass die Religionsgemeinschaften in Deutschland in der Flüchtlingsfrage »große Gemeinsamkeiten« hätten, sagte er.
Gewaltbereitschaft Zur Begrüßung sprach Arie Folger, Mitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz und zukünftiger Oberrabbiner in Wien. Folger betonte, bei der Diskussion um das Asylrecht dürfe die Würde des Menschen nicht verletzt werden. Gefährdet sei diese aber durch die Gewaltbereitschaft von Rechtsextremisten und Dschihadisten, warnte Folger. Dass (etwa wie im Sommer 2014 bei Demonstrationen gegen Israel) Parolen wie »Juden ins Gas« geschrien würden, dürfe nicht geduldet werden.
Der Berliner Rabbiner Andreas Nachama erinnerte an den Zuzug der Hugenotten nach Deutschland im 17. Jahrhundert und die jüdische Einwanderung nach Israel. Integration sei keine neue Herausforderung: »Jüdische Gemeinden weltweit haben große Erfahrung beim Thema Integration, denn Juden wurden und werden immer wieder aus ihren Heimatländern vertrieben«, sagte er.
Vorschlag Nachama warnte davor, heutigen Flüchtlingen aus arabischen Ländern »eben mal so generell Antisemitismus oder antichristliche Haltungen zu unterstellen«. Dies könne eine unzulässige Verallgemeinerung sein. Er schlug zudem vor, in mehreren Flüchtlingsheimen eine repräsentative Erhebung zu erstellen, um zu überprüfen, ob diese Haltungen tatsächlich vorhanden seien - bei »fünf oder 50 Prozent«: »Dann weiß man, was man zu tun hat.«
Der stellvertretende Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Norbert Trelle, übte scharfe Kritik an wachsendem Fremdenhass. Trelle plädierte für die Aufnahme von Flüchtlingen mit humanitären Kontingenten in Europa. Gleichzeitig versicherte er, die katholische Kirche werde gemeinsam mit den »evangelischen Schwestern und Brüdern« auch weiterhin an der Seite der jüdischen Gemeinschaft im Kampf gegen Antisemitismus stehen.
Seit 2006 kommen Repräsentanten der beiden großen Kirchen und der Rabbinerkonferenzen regelmäßig zu Gesprächen zusammen. (mit epd)