Allein und dennoch gemeinsam, so macht Kochen und Backen trotz Pandemie Spaß. Die digitale Vernetzung hat Einzug in die Küche gehalten. Mit einem neuen Angebot der Jüdischen Gemeinde zu Berlin soll das Gemeinschaftsgefühl gefördert und gleichzeitig Know-how zu jüdischen Speisen und israelischer Küche vermittelt werden. Den Auftakt machte der Online-Backkurs »Hamantaschen« am vergangenen Sonntag.
Kursleiterin Julia Mostova-Schwartz, gelernte Grafikdesignerin und dreifache Mutter, ist begeistert vom Kochen. Sie betreibt einen kulinarischen Blog und ist in den sozialen Medien aktiv, selbst hat sie bereits unzählige Kochkurse besucht und will ihr Wissen, ihre Ideen und ihre Begeisterung für das Kochen und Backen nun auch mit den Online-Kursen rund um traditionelle jüdische und israelische Speisen weitergeben.
Die Teilnehmerinnen sind nicht nur aus Berlin, sondern auch aus anderen Städten zugeschaltet.
»Es unterscheidet sich dadurch von einem YouTube-Video, dass jeder parallel mit mir die Arbeitsschritte macht und jederzeit Fragen stellen kann«, erklärt die 40-Jährige. Man habe außerdem das schöne Gefühl, dass man etwas zusammen mache in der Gruppe und nicht alleine mit dem Computer sei.
VORBEREITUNGEN Die ersten Vorbereitungen für den Online-Backkurs laufen noch vor dem Einwählen ins Videoprogramm – der Mohn für die Füllung ist bereits gemahlen, die Zutaten stehen bereit. Mehl, Eier, Zucker, Äpfel – und der Laptop. Julia Mostova-Schwartz begrüßt die Teilnehmerinnen und erzählt einführend die Hintergründe zu dem traditionellen Purimgebäck. Vorab hatte sie verschiedene Rezepte für Füllungen ausprobiert, »um die beste zu finden«.
Heute steht eine Apfel-Karamell- und eine Mohnvariante auf dem Programm. Also: Die Äpfel reiben, die Zitrone auspressen, die Mohnfüllung aufkochen und den weichen Teig kneten. Nach und nach geht Julia Mostova-Schwarz die Arbeitsschritte gemeinsam mit den Teilnehmerinnen durch. Ab und zu werden Fragen gestellt, man tauscht sich über Erfahrungen aus.
Sobald es die Pandemie-Lage zulässt, soll es Kurse vor Ort geben.
Die Teilnehmerinnen sind nicht nur aus Berlin, sondern auch aus Hannover und Frankfurt zugeschaltet – dies ist ein Vorteil der digitalen Kochkurse. »Ich fand die Bilder von Julias Gerichten immer schon toll und wollte es gerne einmal ausprobieren«, sagt die Teilnehmerin aus Hannover.
»Ich bin gespannt – und meine Familie auch.« Und eine Teilnehmerin aus Berlin ergänzt: »Ich bin interessiert an jüdischer und israelischer Küche und finde es eine gute Idee, dass man nicht nur vor Ort die Kochkurse besuchen kann, sondern dass es diese moderne Möglichkeit jetzt gibt, auch online an solchen Kochkursen teilzunehmen.« Sie freue sich und habe Hamantaschen noch nie gegessen. »Schauen wir, was das wird«, ergänzt sie lachend.
FALTTECHNIK Die Liebe zum Kochen und Backen hat Kursleiterin Julia Mostova-Schwarz bereits als Kind durch ihre beiden Großmütter erfahren, durch die sie auch viele jüdische Speisen kennenlernen konnte. »Für mich gehört Kochen zur Familie, zur Gemeinschaft mit Freunden. Diese Wärme und das Zusammenhalten, was jetzt in diesen Zeiten den Menschen besonders fehlt, kann man beim gemeinsamen Kochen und Essen erfahren.« Dies sei zwar jetzt anders durch Corona, »deswegen habe ich überlegt, wie man sich anders organisieren kann«.
Erfahrungen austauschen zu können, ist in dieser Zeit besonders wichtig.
Der erste Duft zieht durch die Küche, als die geriebenen Äpfel auf dem Herd einkochen. Zum Abkühlen kommt die süße Füllmasse auf den Balkon, jetzt widmet man sich dem Teig. Es wird schwieriger, die Mikrofontaste zu drücken mit dem Teig an den Händen, aber Julia gibt weiterhin Tipps und unterhält die knetenden Teilnehmerinnen. Etwas Geduld ist gefragt, wenn man noch keine Erfahrung hat mit der Falttechnik der dreieckigen Hamantaschen.
Hier muss Kursleiterin Julia am meisten erklären, und für die Anfängerin wird das Ergebnis zwar optisch nicht ganz so perfekt, aber es schmeckt, das bestätigen die übrigen Familienmitglieder, die am späteren Abend das frische Hamantaschen-Gebäck mit der saftigen Apfelfüllung probieren. Nach zwei Stunden ist erst einmal eine kleine Pause angesagt, die Teilnehmerinnen verabschieden sich am Bildschirm und bereiten dann etwas später noch die Mohnvariante zu.
IDEE Svetlana Agronik, Leiterin des Integrationsprojekts Impuls der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, hatte die Idee für das Kochkurs-Angebot. Sie war aufmerksam geworden auf Julias Kochbegeisterung und ihre Online-Kurse und nahm das Angebot neu auf in das Impuls-Projekt. »Ich denke, dieses gemeinsame Kochen auch per Internet ist sehr lehrsam, weil man seine Erfahrungen austauschen kann, außerdem findet Kommunikation statt – und das ist in dieser schweren Zeit besonders wichtig«, so die Gemeindemitarbeiterin.
Weiter geht es im nächsten Monat mit einem Kochkurs zu Pessach.
Zu verschiedenen Feiertagen sollen nun die Spezialitäten vorgestellt und gemeinsam zubereitet werden. Weiter geht es im nächsten Monat mit Pessach. Die kommenden Angebote sind zunächst weiterhin online geplant.
So wird es am 21. März um 17 Uhr eine weitere Möglichkeit geben, gemeinsam zu kochen. Dann sollen die Pessach-Speisen Charosset, Mazzeknödelsuppe und Apfelmazzen-Torte vorbereitet werden.
»Es startet mit den Online-Kursen, es soll aber dann baldmöglichst Angebote vor Ort geben, sobald es die Lage zulässt«, erklärt Svetlana Agronik.
Langfristig sei das Ziel, die Koch- und Backkurse rund um jüdische Speisen und israelische Küche in einer Gemeinschaftsküche anzubieten. Die Online-Kurse finden auf Deutsch und auf Russisch statt, bei den Präsenzkursen wird es diese Sprachentrennung nicht mehr geben.
Anmeldung telefonisch oder per E-Mail über Svetlana Agronik unter 0163/7434744 sowie svetlana.agronik@jg-berlin.org.
Die Teilnahmegebühr beträgt 6 bis 8 Euro. Weitere Termine folgen.