Fröhlich und mit vielen Eindrücken aus Bayern sind Mika, Stav, Tamar, Michal, Alon und Gal ins Gemeinderestaurant Einstein gekommen. Präsidentin Charlotte Knobloch hatte die israelischen Jugendlichen zu einem Gespräch beim gemeinsamen Essen eingeladen. Das Treffen war Teil eines Projekts, das durch Krieg, Terror und Katastrophen traumatisierten Jugendlichen aus Israel ein wenig Abwechslung und Normalität bringen sollte.
Unter Knoblochs Schirmherrschaft hatte die Europäische Janusz Korczak Akademie (EJKA) die israelische Jugendgruppe der IDF Widows and Orphans Organization (IDFWO) nach München eingeladen. IDFWO ist die einzige vom Staat Israel anerkannte Organisation, die sich um Waisen israelischer Gefallener kümmert.
Ziel ist die soziale, emotionale und finanzielle Hilfe für diejenigen, die ein Elternteil oder den Ehepartner verloren haben, weil diese im Dienste für den Staat Israel gestorben sind. Der Vater eines der nach München gereisten Mädchen aus Haifa etwa war Feuerwehrmann und kam bei einem Brand am Karmel ums Leben.
Idee Für Eva Haller, die Präsidentin von EJKA, ist es »eine Herzensangelegenheit, eine Woche für Jugendliche zu organisieren, die einen Elternteil im Dienst für den Staat Israel verloren haben«. Stanislaw Skibinski, Direktor der EJKA, erinnert sich an die Geburt dieser Idee: »Der Kontakt zu den Israelis ist vor gut einem Jahr entstanden. Präsidentin Knobloch hatte die Witwen- und Waisenorganisation beim Jom Haazmaut 2012 in die IKG eingeladen und dann angeregt, dass wir für unser Programm speziell Kinder aus dieser Organisation nach München holen.«
Diese Idee wurde ein so großer Erfolg, wie ihn sich Charlotte Knobloch nicht hatte träumen lassen. Die Jugendlichen waren durch den Besuch für eine Woche aus ihrem Alltag herausgekommen, lernten Neues kennen – und gewannen viele neue Freunde.
Der Aufruf der EJKA an mögliche Münchner Gastfamilien, die für eine Woche einen Jugendlichen aufnehmen sollten, stieß auf offene Ohren. Am 11. Juli war es dann so weit: Die Gäste kamen am Münchner Flughafen an. Im Korczak-Haus fand die erste Begrüßung statt.
Kabbalat Schabbat Am Folgetag gab es für die Gäste einen Empfang im Israelischen Generalkonsulat. Anschließend nahmen sie an einer Stadtrundfahrt teil, bei der insbesondere das Schloss Nymphenburg die Jugendlichen beeindruckte. Der Tag schloss mit Kabbalat Schabbat und Abendessen im Janusz-Korczak-Haus. Dort vergrößerte sich dann der Kreis der Jugendlichen um Studenten vom Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk.
Einen ersten Eindruck vom Gemeindezentrum bekamen die jungen Israelis beim Gottesdienst in der Ohel-Jakob-Synagoge. Anschließend führte sie Eva Haller durch Münchens jüdische Altstadt und erzählte von der Geschichte Bayerns. In der Woche darauf erfuhren die Jugendlichen beim Besuch des Olympiaparks Hintergründe über das Olympia-Attentat von 1972.
Nach einem Nachmittag und Abend mit den Gastfamilien führte der Weg am Sonntag wieder ins Gemeindezentrum. Hier lernten die Gäste Gleichaltrige aus dem Jugendzentrum kennen und verbrachten den Tag mit Peulot und gemeinsamen Aktionen.
geschichte Tiefer in die deutsch-jüdische Vergangenheit drangen die Jugendlichen bei ihrem Besuch im Dokumentationszentrum Berchtesgaden ein. Bewegt von der Ausstellung, bot ihnen die oberbayerische Bergwelt sowie der Besuch des dortigen Salzbergwerks dann wieder etwas Entspannung.
Dass all die Ausflüge auch technisch problemlos abliefen, dafür galt Charlotte Knoblochs Dank auch Regine Sixt, die sich immer wieder für Kinder aus Israel einsetzt. Ihr Unternehmen hatte für den Besuch der Jugendlichen einen Kleinbus zur Verfügung gestellt. Auch die Fluggesellschaft EL AL mit ihrem Münchner Büro und der Jüdische Nationalfonds KKL haben das Projekt unterstützt.
Die letzten Tage des Besuchs standen vorwiegend im Zeichen von Erholung und Freude. Ein Besuch in der Erdinger Therme begeisterte die Jugendlichen ebenso wie ein Einkaufsbummel in der Münchner City. Entsprechend entspannt waren sie dann beim Gespräch mit Charlotte Knobloch, die überwältigt war – vom Schicksal der Jugendlichen und vom Erfolg des Programms für die israelischen Kriegswaisen.
Wiederholung Dass die Familien aus der IKG auf den Besuch so positiv reagiert hatten und gerne an einer Fortsetzung teilnehmen möchten, rührte Knobloch zutiefst. Auch viele andere Familien haben bereits Interesse für die Zukunft angemeldet. Eine Wiederholung »mit noch mehr Jugendlichen«, wie Charlotte Knobloch hofft, ist also nicht ausgeschlossen. Für Eva Haller war das Engagement der Münchner Gastfamilien »ein Beispiel für gelebte Solidarität«.
Auch Shlomi Nahumson von IDFWO war tief beeindruckt. Sein Fazit des achttägigen Aufenthalts: »Wir sind nicht nur gereist, sondern konnten auch die Geschichte unseres Volkes mit unseren eigenen Lebensgeschichten verbinden – in einer Weise, die wir nie wieder vergessen werden.« Sein Dank galt neben Eva Haller, Stanislaw Skibinski und Oren Osterer von EJKA sowie Präsidentin Charlotte Knobloch insbesondere den Gastgeber-Familien: »Wir hätten keine besseren Erfahrungen machen können!«