Konzentriert verfolgt Pazit den Pingpongball. Gekonnt schmettert sie ihn zurück, sodass ihre Gegnerin keine Chance mehr hat, an ihn heranzukommen. Dann legt sie ihren Schläger auf die Tischtennisplatte, hebt vor Freude ihre Arme und jubelt. Punkt für sie, das freut sie.
down-syndrom Die 21-Jährige ist extra aus Israel nach Bremen gereist, um an den National Games der Special Olympics (SO), dem Wettkampf für geistig und mehrfach behinderte Menschen, teilzunehmen. Die Special Olympics National Games will den Sportbegeisterten die Möglichkeit geben, ihren Ehrgeiz und ihre Leistung unter Beweis zu stellen. Die geistig behinderten Teilnehmer treten in 20 verschiedenen Sportarten gegeneinander an, darunter Fußball, Leichtathletik-Disziplinen und Schwimmen.
Pazit Rubens ist mit dem Down-Syndrom auf die Welt gekommen. »Schon als kleines Kind fiel uns auf, dass sie sehr sportlich ist«, sagt der Vater, Hanan Rubens. Vor vier Jahren überlegte er sich, dass Tischtennis eine gute Sportart für seine Tochter wäre. Daraufhin ging er auf die Suche nach einem Trainer für sie. Zweimal die Woche feilt Pazit seitdem an ihren Aufschlägen, Returns und Schmetterbällen.
kibbuz »Sie ist nach Deutschland gekommen, um zu gewinnen«, sagt der Vater lachend. Nur Dabeisein reicht Pazit nicht. Und sie hat es geschafft: Von zwölf Partien hat sie zehn für sich entschieden und konnte nun mit einer Silbermedaille nach Tel Aviv zurückreisen. Dort besucht sie eine Schule. »Sie ist nun ein Champion – toll wäre es , wenn wir auch Sponsoren für sie finden würden«, sagt der Vater, der aus eigener Tasche die Reise nach Bremen finanzieren musste.
Obwohl Pazit in Israel lebt, hat sie auch die deutsche Staatsangehörigkeit. »Mein Vater emigrierte 1934 von Berlin nach Palästina«, sagt Hanan Rubens. Er hätte damals wohl eine Ahnung gehabt, dass die Situation für ihn nur schlechter werden könne. Mehrere Familienangehörige seien in die Lager Theresienstadt und Dachau deportiert und ermordet worden.
In einem Kibbuz im Süden Israels ist Pazit mit ihren Eltern und Geschwistern aufgewachsen. Sie hat drei Brüder und eine Schwester, doch so sportlich wie sie seien die anderen nicht, sagt der Vater. Die Schwester, mit der Pazit in Tel Aviv lebt, sei mehr an Kunst interessiert. Von ihrem einwöchigen Aufenthalt in Bremen sind Pazit, Familie und Trainer begeistert. Die Atmosphäre sei herzlich und es hätte gut getan, mal mit so viel ähnlich betroffenen Menschen zusammenzukommen und nicht immer Außenseiter zu sein.
Anerkennung Die Atmosphäre hat auch Gerd van Dam, Mitglied der Jüdischen Gemeinde in Essen, gefallen. Er hat sich als Vorsitzender der SO Nordrhein-Westfalen auf den Weg nach Bremen gemacht. »Ich bin rumgegangen und habe geschaut, ob alles gut läuft«, sagt er. Der 65-Jährige trainiert geistig und schwerbehinderte Menschen. Er ist acht bis zehn Stunden in der Woche ehrenamtlich im Einsatz, denn die Organisation Special Olympics bietet nicht nur Sportfeste, sondern auch ganzjähriges Training.
So soll behinderten Menschen geholfen werden, mehr Anerkennung, Selbstvertrauen und Lebensfreude zu gewinnen. Die Idee der SO, die er in Amerika kennenlernte, ließ ihn nicht los. 1991 wurde auch auf seine Initiative hin Special Olympics Deutschland gegründet. Wenig später erhielt er für seinen Einsatz das Bundesverdienstkreuz.
»Jeder Mensch kann Sport machen. Alle Menschen mit geistiger Behinderung sollten die Chance haben, sich fit zu halten und Spaß dabei zu haben.« So viele Menschen wie möglich zu erreichen, lautet seine Mission. Und die schien in Bremen aufzugehen.