Große Freude gab es am Sonntag in der Gemeinde Oberhavel, als endlich die Mesusa in dem neuen Gemeindehaus angebracht werden konnte. »Vor 24 Jahren haben meine Familie, Freunde und ich den Entschluss gefasst, die Jüdische Gemeinde zu gründen«, erinnerte sich die Gemeindevorsitzende Elena Miropolskaja in ihrer Ansprache.
Im Jahr 2000 haben 28 jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion im Gebäude der Evangelischen Kirchengemeinde Sankt Nicolai in der Lehnitzstraße eine neue Jüdische Gemeinde mit dem Namen »Wiedergeburt« ins Leben gerufen. Es war eine Zeit der Herausforderungen, aber auch der Hoffnung und des Glaubens an eine bessere Zukunft für alle, so die Vorsitzende.
Mehr als zwei Jahrzehnte habe es gedauert, bis das Gemeindehaus errichtet werden konnte, das ein »Symbol für die Stärke und den Zusammenhalt unserer Gemeinschaft« ist. Heute zählt die Gemeinde etwa 240 Mitglieder. 150 Interessierte kamen am Sonntag zur Einweihung – darunter Politiker, Vertreter weiterer jüdischer Gemeinden und Institutionen.
Die Einweihung sei auch ein Bekenntnis zum Hiersein und Bleiben.
»Die jüdische Gemeinde in Oranienburg musste einiges an Geduld aufbringen, bis sie endlich die Eröffnung ihres Gemeinde- und Synagogenzentrums feiern konnte«, sagte in seiner Rede auch Mark Dainow, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Die Gemeinde »Wiedergeburt« mache heute ihrem Namen alle Ehre. »Gemeinsam ziehen Sie in ein neues Zuhause und vergrößern sich als Gemeinde. Die Einweihung des neuen Gemeindehauses ist ein Bekenntnis zum Hiersein, zum Bleiben, zum Aufbau«, so Dainow weiter.
Rückgrat der jüdischen Gemeinschaft
Die Gemeinde bilde seit Langem das Rückgrat der jüdischen Gemeinschaft in Oranienburg und Umgebung. »Nun steht sie auf einer noch solideren Basis, hat wortwörtlich mehr Raum zum Atmen, zum Beten, für die Verbindung zum Göttlichen und zur Gemeinschaft.« Ein starkes Gemeindeleben sei ein guter Anfang. »Hier kann gebetet, getrauert, gefeiert und auch feurig diskutiert werden – am Ende fällt man sich dann wieder in die Arme.«
Rückblick: Der Landesverband der Jüdischen Gemeinden Land Brandenburg hat für die Jüdische Gemeinde Oberhavel am Ende des Jahres 2020 die Liegenschaft in der Lehnitzstraße 36 in Oranienburg vom Land erworben. Aufgrund des herausgehobenen öffentlichen Interesses sei ein verbilligter Preis vereinbart worden, hieß es. Das Gebäude war zudem stark sanierungsbedürftig.
Das Gebäude war stark sanierungsbedürftig.
Die finanzielle Hilfe des Kulturministeriums in Höhe von insgesamt 840.000 Euro, ergänzt durch Zuwendungen des Zentralrats der Juden in Deutschland in Höhe von 477.050 Euro sowie der Stadt Oranienburg von 20.000 Euro, habe es ermöglicht, die Renovierungsprojekte erfolgreich abzuschließen. »Für diese Bauperiode habe ich circa 120 Aufträge an 37 Baufirmen und Einrichtungen vergeben«, sagt Elena Miropolskaja.
Seit dem Einzug habe die Gemeinde erfolgreich Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit dem Demokratie Forum, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der Partnerschaft für Demokratie und der Fachstelle Antisemitismus Berlin-Brandenburg durchgeführt.
Sichtbares Zentrum des jüdischen Lebens
Das Synagogen- und Gemeindehaus in Oranienburg soll zum sichtbaren Zentrum des jüdischen Lebens, einem Ort der Kultur, Religion, Tradition, Verständigung und Toleranz werden, verspricht Elena Miropolskaja. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine wurden viele Geflüchtete in Oranienburg und in den Landkreis aufgenommen. »Wir kümmern uns um sie, bieten viele Angebote, damit sie sich schnell in die deutsche Gesellschaft integrieren können«, so die Vorsitzende.
In Brandenburg lebten vor 1933 rund 9000 Jüdinnen und Juden in mehr als 20 Gemeinden. Nach dem Holocaust und dem Zweiten Weltkrieg verblieben auf dem Gebiet des heutigen Bundeslandes nur noch vereinzelt Juden. Ab 1991 gründeten Zuwanderinnen und Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion wieder jüdische Gemeinden mit insgesamt 2000 Mitgliedern in mehreren Orten.