Am »Gleis 17« in Berlin-Grunewald ist am Mittwoch der Opfer des Holocaust gedacht worden. Vertreter aus Politik und Gesellschaft, Angehörige von NS-Opfern sowie Opferverbände riefen an dem Mahnmal zum Engagement gegen Antisemitismus und Rassismus auf. Vor genau 76 Jahren hatten an dem Bahnhof die nationalsozialistischen Deportationen von Juden aus Berlin begonnen. Die Gedenkrede hielt in diesem Jahr die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer.
Unter dem Motto »Versuche, dein Leben zu machen« – der letzten Botschaft ihrer Mutter – erinnerte die 95-jährige Zeitzeugin an ihre Familiengeschichte. Friedländer wurde im Frühjahr 1944 vom Gleis 17 in Berlin-Grunewald ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Ihre Mutter Auguste Bendheim und ihr Bruder Ralph kamen im Vernichtungslager Auschwitz ums Leben. Auch ihr Vater wurde in einem Vernichtungslager ermordet.
euthanasie Friedländer sagte am Mittwoch, dass sie nicht nur an die von den Nationalsozialisten ermordeten sechs Millionen Juden erinnern wolle, sondern auch an die in der NS-Zeit ermordeten Homosexuellen, Roma, Sinti sowie an Euthanasie-Opfer.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sprach vom »größten Menschheitsverbrechen«, das unter den Nazis in Gang gesetzt wurde. Er rief zu einem starken Engagement gegen Antisemitismus auf. Nicht nur soziale Netzwerke stünden heute in der Verantwortung, antisemitischer Hetze auf ihren Kanälen entgegenzutreten. Nötig sei zudem eine »aktive und wachsame Bürgergesellschaft«, die sich jeglichem Antisemitismus heute deutlich entgegensetzen müsse.
demokratie Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) betonte, dass die Gefahr des Rechtsextremismus auch heute nicht gebannt sei. »Demokratie muss jeden Tag gelebt werden«, sagte sie. Sie verwies darauf, dass die Nationalsozialisten 1933 vor allem deshalb an die Macht gekommen seien, »weil die Demokraten verstritten waren«.
Zu der Gedenkveranstaltung am Mahnmal »Gleis 17« hatten unter anderen die Ständige Konferenz der Leiter der NS-Gedenkorte im Berliner Raum, das Land Berlin und die Jüdische Gemeinde eingeladen. Am 18. Oktober 1941 hatte der erste Zug mit mehr als 1000 jüdischen Kindern, Frauen und Männern den Bahnhof Grunewald in Richtung Litzmannstadt (Lodz) verlassen. Insgesamt wurden mehr als 50.000 Berliner Juden von den Nazis ermordet. epd