Nürnberg

Geburtshelfer Israels

Mit leichter Verspätung feierte der Jüdische Nationalfonds –Keren Kayemeth Leisrael JNF/KKL – am 27. Mai symbolträchtig im Historischen Rathaussaal in Nürnberg den 65. Geburtstag eines Projektes, zu dem er selbst Fundamentales beigetragen hat: die Gründung des Staates Israel.

Begleitet wurde der Festakt durch eine Ausstellung »Israel – damals und heute« der israelischen Botschaft, die noch bis zum 14. Juni im Rathaus zu sehen ist. Die Fotografien stellen jeweils ein Schwarz-Weiß-Bild aus den Gründerjahren Israels einem entsprechenden Farbbild der Gegenwart gegenüber; zusammen mit den Erläuterungen wird der Betrachter in die Geschichte Israels geführt.

Geschichte Der Ort der Feier verdeutlicht, wie eng die deutsche Geschichte mit der Israels zusammenhängt. 80 Jahre zuvor, genau am 27. April 1933, hatte im selben Saal eine folgenschwere Sitzung des politisch bereits gleichgeschalteten Nürnberger Stadtrats stattgefunden, nur ein Rest opponierender Stadträte hatte mutig teilgenommen. Nach der Wahl des Nazi-Oberbürgermeisters Willi Liebel drohte der Herausgeber des antisemitischen Hetzblatts »Der Stürmer«, Julius Streicher, die Sozialdemokraten »aus diesem Haus hinauszupeitschen«, sollten sie nochmals im Stadtrat erscheinen.

Noch heute befinden sich unter dem Historischen Rathaussaal die mittelalterlichen Lochgefängnisse. Dort wurden nach 1933 Gegner der Nazis inhaftiert, auch der damalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Adolf Hamburger.

Arno Hamburger, IKG-Vorsitzender und Sohn Adolf Hamburgers, richtete in Vertretung des verhinderten Oberbürgermeisters der Stadt Nürnberg, Ulrich Maly, ein Grußwort an die mehr als 200 geladenen Gäste. Sie hatten sich versammelt, um den Geburtstag jenes Landes zu feiern, das Juden aus aller Welt eine Heimstatt bietet. Es war auch Arno Hamburger, der auf die Verbindung des Ortes mit der Machtergreifung der Nazis hinwies.

Begrüssung Leonid Khenkin aus Sibirien und Michail Winnizkij aus Kiew hatten die Gäste musikalisch eingestimmt. Begrüßt wurden sie von Hansjürgen Kitzinger vom Arbeitskreis »Suchet der Stadt Bestes« und durch Moshe Oppenheimer, Delegierter des JNF/KKL, Deutschland. Der Gesandte des Staates Israel, Emmanuel Nahshon, legte in seiner Rede besondere Schwerpunkte auf die Themen Iran, Ägypten, die deutsch-israelischen Beziehungen und Israels zu den Palästinensern.

Das iranische Rüstungsprogramm zu bekämpfen, sei von erster Priorität für Israel und zunehmend eine Herausforderung für die Welt. Außenpolitisch werde Ägypten künftig ein größeres Problem als Syrien darstellen. Die wirtschaftlichen Perspektiven des Landes seien katastrophal, die Arbeitslosigkeit liege bei fast 50, der Analphabetismus bei über 40 Prozent. Ohne internationale Unterstützung könne die Situation eskalieren.

In Bezug auf die Beziehungen zwischen Israel und den Palästinensern bedauerte Nahshon insbesondere, dass seit Jahren der Dialog abgebrochen sei. Er erhoffe hier neue Impulse.

Die Eröffnung der Ausstellung in der Ehrenhalle bot – bei einem Imbiss mit israelischen Spezialitäten und Klezmer-Musik – Raum für Information und persönliche Gespräche über Israel sowie die Rolle des JNF/KKL beim Aufbau des Landes und heute. 1901 war der JNF/KKL im Rahmen des 5. Zionistenkongresses gegründet worden. Seine Aufgabe war es, Spendengelder zu sammeln, um in Palästina, das zum osmanischen Reich gehörte, Boden zu kaufen, die Flächen urbar zu machen und zu besiedeln. Auch die Gründung der Städte Tel Aviv und Rechovot wurden durch den JNF/KKL vorbereitet.

Zuflucht Nachdem in Deutschland 1933 die Nazis an die Macht gekommen waren, flohen immer mehr Juden aus deren Machtbereich in das damalige britische Mandatsgebiet Palästina. Sie fanden dort, dank der Arbeit des JNF/KKL – auch wortwörtlich – den Boden bereitet für Aufnahme, Schutz und Integration. Am 14. Mai 1948, dem Tag der Konstituierung des Staates Israel, besitzt der Fonds 100.000 Hektar Land, hat 230 Ortschaften gegründet und fünf Millionen Bäume gepflanzt.

Nach der Staatsgründung konzentriert sich der JNF/KKL auf Aufforstungsarbeiten im Umfeld Jerusalems und im Negev. Zur Erinnerung an die Schoa wurde bei Jerusalem der Märtyrerwald mit sechs Millionen Bäumen angelegt. 1991 entstand bei der Wüstenstadt Beer Sheva, finanziert aus deutschen Spenden, der »Wald der deutschen Länder« als Ausdruck der aus Leid und Verantwortung gewachsenen Freundschaft zwischen Israel und Deutschland. Auch Nürnberg beteiligte sich, auf Initiative von Hans-Jürgen Kitzinger und seines Arbeitskreises »Suchet der Stadt Bestes«, mit dem »Nürnberg-Wald« an diesem Projekt.

Heute ist der JNF/KKL die größte Umweltorganisation Israels. Ein wichtiger Schwerpunkt liegt im Zurückdrängen der Wüste im Negev mit Projekten, die auch dort lebende Beduinen einbezieht. Ideell und via Spendensammlungen wird die Arbeit über Niederlassungen in 40 Ländern der Welt unterstützt. Die blaue Spendenbüchse dient als altneues Symbol.

Den Abschluss der Veranstaltungsreihe in Nürnberg bildete ein Benefizkonzert der »Freien Christengemeinde« im Stadtteil Langwasser zugunsten von Projekten des JNF in der Wüste und eines Wadis in Obergaliläa. Präsentiert wurde es von jungen Musikern der Region, moderiert von der Konzertpianistin und Klavierpädagogin Julia Goldstein.

projekte Schaul Chorev, Hauptdelegierter des JNF/KKL Jerusalem, sprach vor allem über 112 Jahre ökologische Aufbauarbeit des KKL. Er verwies darauf, dass der JNF bis heute mehr als 250 Millionen Bäume gepflanzt hat. Eines der aktuellen Projekte ist der Adamit-Park, der den durch die Hisbollah entführten und ermordeten IDF-Soldaten Udi Goldwasser und Eldat Regev gewidmet ist.

Weitere Vorhaben sind das über den JNF Deutschland finanzierte Sharona-Reservoir südwestlich des Kineret, in dem Wasser wiederaufbereitet wird, der Madatech-Garden, der Israels Nationalmuseum für Wissenschaft und Raumfahrt umschließt, sowie der Jerusalem Ring Park, der, sich an Jerusalem anschmiegend, zwei alte Olivenhaine beherbergt.

Meinung

An Purim wird »We will dance again« wahr

Das Fest zeigt, dass der jüdische Lebenswille ungebrochen ist – trotz der Massaker vom 7. Oktober

von Ruben Gerczikow  12.03.2025

In eigener Sache

Zachor!

Warum es uns besonders wichtig ist, mit einer Sonderausgabe an Kfir, Ariel und Shiri Bibas zu erinnern

von Philipp Peyman Engel  11.03.2025 Aktualisiert

Militärseelsorge

Militärrabbiner Ederberg: Offenes Ohr für Soldaten im Norden

Arbeit bei der Bundeswehr sei Dienst an der Gesellschaft insgesamt, den er als Rabbiner gerne tue, sagt Ederberg

 11.03.2025

Buchvorstellung

Parallelen zum BDS-Boykott von heute

Andreas E. Mach untersuchte die Geschichte jüdischer Familienunternehmer in München

von Luis Gruhler  10.03.2025

Interview

»Wir reden mehr als früher«

Rabbiner Yechiel Brukner lebt in Köln, seine Frau Sarah ist im Herbst nach Israel gezogen. Ein Gespräch über ihre Fernbeziehung und eine Spendenkampagne für Familien israelischer Soldaten

von Christine Schmitt  10.03.2025

Antisemitismus

Rabbiner Pinchas Goldschmidt zu Vorfall in München: »Abschieben! Noch heute!«

Drei junge Syrer randalierten am Samstag vor dem jüdischen Gemeindezentrum - in ersten Reaktionen forderten Rabbiner harte Konsequenzen

 10.03.2025

München

Hilfe von »Ruth«

Der Jüdische Frauenverein ermöglicht Bedürftigen ein Leben in Würde

von Luis Gruhler  09.03.2025

Berlin

Des Nougats Kern

Yahel Michaeli lädt in ihrer Patisserie zu Kursen ein, in denen sie die Kunst der Schokoladen- und Pralinenherstellung lehrt. Ein Besuch zwischen Mousse und Callets

von Alicia Rust  09.03.2025

Dialog

Buber-Rosenzweig-Medaille wird am Sonntag in Hamburg verliehen

In diesem Jahr geht die Medaille an das Ehepaar Meron Mendel und Saba-Nur Cheema. An der Auszeichnung gab es im Vorfeld scharfe Kritik aus der jüdischen Gemeinschaft

 09.03.2025