Manchmal macht Kevin Asche den Eindruck, als hätte er seine Erlebnisse in Israel noch nicht ganz verarbeitet. »Der Kochbetrieb dort war schon sehr interessant zu beobachten, wir verstanden uns untereinander bestens und haben auch viele nette Leute kennengelernt«, sagt der 19-Jährige, der bei der Jugendberufshilfe in Düsseldorf nicht nur zum Koch ausgebildet wird, sondern auch an dem Pilotprojekt »Koscheres Kochen und Koscherer Service« teilnahm. Zum Abschluss des fünfmonatigen Qualifizierungskurses stand eine einwöchige Einheit koschere Koch-Praxis in Tel Aviv.
In der Tat dürfte es nicht allzu häufig vorkommen, dass eine Ausbildungsstelle es einem Auszubildenden – dazu im ersten Lehrjahr – ermöglicht, ins Ausland zu gehen, um dort bereits erworbene Kenntnisse weiter zu vertiefen. Neben Kevin Asche hatten auch seine Azubi-Kollegen Thomas Peseke und René Reiter Gelegenheit, in Deutschland erworbene Kenntnisse in Israel anzuwenden. Das deutschlandweite Pilotprojekt wurde vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein in Kooperation mit der Jugendberufshilfe Düsseldorf initiiert. Die Idee zu dem Qualifizierungskurs hatte Wilfried Johnen, Geschäftsführer des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein. Er stieß bei Burkhard Hintzsche, Sozialdezernent in Düsseldorf, auf offene Ohren, so dass im vergangenen Oktober das Pilotprojekt mit jeweils vier Wochenblöcken für die koschere Küche starten konnte.
Antipasti Aber nicht nur die drei Auszubildenden, auch ihre zwei Ausbilder hatten so gut wie keine Kenntnisse, was die Anwendung koscherer Speisegesetze anbelangt. »Ich bin zwar teilweise jüdischer Abstammung, aber kein Jude, und musste deshalb, was koscheres Kochen anbetraf, bei Null anfangen und genauso viel lernen wie meine Auszubildenden«, sagte Ausbildungskoch Karlo Rosenstein. Die Vermittlung der Theorie und der religiösen Hintergründe übernahm Julian Chaim Soussain, Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf. Der renommierte Sterne-Koch Avi Steinitz aus Tel Aviv demonstrierte schließlich, wie die Kaschrut-Vorschriften konkret in der Küche umgesetzt werden. Für die drei Auszubildenden sowie ihre Ausbilder Karlo Rosenstein und André Krall bot der Aufenthalt in Tel Aviv unter der Regie von Avi Steinitz dann Gelegenheit, in verschiedenen Restaurants die Finessen der koscheren Gastronomie direkt zu erleben.
Mitunter kamen Kevin, Thomas und René, aber auch die deutschen Koch-Profis aus dem Staunen nicht heraus, denn zu den Praxisstationen zählte sowohl das Avenue Convention Center Tel Aviv, wo schon mal bis zu 3.000 Menüs zeitgleich zubereitet werden müssen, aber auch das »Lilith«, ein Restaurant, das unter Gourmets weltweit einen exzellenten Ruf genießt. »Es war schon beeindruckend zu sehen, wie gigantische Mengen frischer Zutaten für die Antipasti zubereitet werden, denn Frische spielt in der jüdischen Küche eine große Rolle«, erklärt Kevin, der schon früh seine Leidenschaft für das Kochen entdeckt hatte und zu Hause zur Freude seiner Mutter regelmäßig am Herd gestanden hat. »Die Arbeit mit Lebensmitteln macht mir einfach Spaß, und wenn es etwas Besonderes wie die jüdische Küche ist, dann interessiert mich das sehr«, sagt Kevin. Auch geschmacklich sage ihm die jüdische Küche, eine Mischung aus jüdischen, mediterranen und sogar asiatischen Einflüssen, sehr zu.
Spülmaschine Die Trennungsregeln der koscheren Küche seien in der Praxis reine Konzentrationssache. »Man muss eben aufpassen, beispielsweise welche Spülmaschine mit welchem Geschirr und Besteck gerade läuft, und dann die Sachen wieder in den richtigen Schubladen verstauen«, erklärt der Azubi in selbstsicherer Weise, als hätte er immer schon zwischen »milchigen« und »fleischigen« Tagen unterschieden. Wilfried Johnen ist sich heute schon sicher, dass Köche mit einer Zusatzqualifikation in koscherem Kochen auf dem Arbeitsmarkt glänzende Aussichten haben. Düsseldorf sei Messestandort mit vielen internationalen Besuchern und auch bei jüdischen Festen am Sabbat, wenn kein Jude arbeiten darf, könnten speziell ausgebildete Köche die Verpflegung frisch zubereiten.
Zudem äußerte die Jugendberufshilfe die Hoffnung, dass nach positiven Erfahrungen des Pilotprojekts die Industrie- und Handelskammer gemeinsam mit den Projektpartnern und der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland einen zertifizierten Qualifizierungslehrgang für ausgebildete Fachkräfte und Meister unterstützen wird.