Jewrovision

»Gäste sind sehr willkommen«

Herr Botmann, bei der Jewrovision 2017 hat das Jugendzentrum Hamburg gewonnen, aber die Jewrovision am 10. Februar findet nicht in der »Stadt der Sieger«, sondern in Dresden statt. Warum?
Es ist gute Tradition, dass die Jewrovision in der Stadt der Vorjahresgewinner ausgetragen wird. Wir wollten sehr gerne nach Hamburg, auch weil das Hamburger Jugendzentrum »Chasak« 2017 zum ersten Mal die Jewrovision gewonnen hat. Die Jüdische Gemeinde in Hamburg und auch der Hamburger Kultursenator haben uns dabei sehr unterstützt, einen passenden Veranstaltungsort zu finden. Da das Congress Center Hamburg bis 2019 umgebaut wird, kam in der Größe, wie wir sie benötigen, nur die Messe in Betracht. Der einzige freie Termin, den sie uns anbieten konnte, wäre der 27. Januar gewesen. Die Ausrichtung der Jewrovision am Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust ist für uns ausgeschlossen. Darin waren wir uns auch mit der Jüdischen Gemeinde in Hamburg und mit dem Jugendzentrum Chasak einig. Ich freue mich, dass die Hamburger die Entscheidung, die Jewrovision in Dresden auszurichten, voll und ganz unterstützen.

Nun also Dresden – zum ersten Mal findet eine Jewrovision in den neuen Bundesländern statt. Allerdings nimmt kein einziges Jugendzentrum aus Ostdeutschland an dem Musik- und Tanzwettbewerb teil …
Leider! Es gibt kein Jugendzentrum aus Sachsen oder aus den östlichen Bundesländern, das bei der Show antritt. Vor zwei Jahren, 2016, hat sich das Jugendzentrum Halle an der Jewrovision in Mannheim beteiligt, diesmal sind sie als Künstler nicht dabei. Andererseits findet in diesem Jahr die Jewrovision schon zum 17. Mal statt. Und es ist jetzt einfach an der Zeit, dass der Wettbewerb in den neuen Bundesländern ausgetragen wird, um die Gemeinden zu stärken und zu zeigen, dass es auch dort jüdisches Leben gibt.

Liegt es an den Mitgliederzahlen oder an der Altersstruktur der Gemeinden, dass kein Jugendzentrum aus Ostdeutschland ein Jewrovision-Team auf die Beine stellt?

Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass auch die Gemeinden in den neuen Bundesländern in die Lage versetzt werden, Teams für die Jewrovision aufzustellen. Hierfür ist es wichtig, funktionierende Strukturen der jüdischen Jugendarbeit, also konkret attraktive und professionell geführte Jugendzentren in den neuen Bundesländern, auf- und auszubauen. Ich bin stolz, wenn kleine Gemeinden wie Gelsenkirchen, Recklinghausen, Trier, Saarbrücken, Osnabrück und Oldenburg oder Zusammenschlüsse von kleinen und mittleren Gemeinden wie JuJuBa, Nordrhein oder Bayern bei der Jewrovision Erfolge feiern. Ich hoffe, dass bald auch Gemeinden aus den neuen Bundesländern mit dazugehören werden.

Kann von der Jewrovision trotzdem eine Signalwirkung für die ostdeutschen Gemeinden ausgehen?

Die Jewrovision in Dresden wird sowohl eine Signalwirkung nach innen als auch nach außen haben. Es nehmen – wie jedes Jahr – auch Jugendliche aus den neuen Bundesländern am Mini-Machane der Jewrovision teil. Dieses Event in Dresden wird einen Schub an positiver jüdischer Energie in die Region bringen und junge Juden vielleicht dazu bewegen können, selbst wieder in ihrer Gemeinde aktiv zu werden und sich zu engagieren – vielleicht auch Jugendzentren zu gründen. Aber die Gemeinden werden auch nach außen gestärkt. Das ist gerade in der heutigen Zeit wichtig, in der wir einen Zuwachs an Rechtspopulismus und Rechtsextremismus erleben.

Die Jewrovision 2018 steht unter dem Motto »The Circle of Life« – »der Kreis des Lebens«. Welches Thema will der Zentralrat damit ansprechen?
Manche meinen ja, die Jewrovision sei nur ein Wochenend-Event. Das wirkt vielleicht nach außen so, aber die Jugendzentren, die Gemeinden und ganze Familien bereiten sich mehr als ein halbes Jahr auf dieses Event vor. Die Jugendlichen beschäftigen sich mit den Inhalten des Mottos, lernen darüber, schreiben die Liedtexte, komponieren, choreografieren, schneidern, proben. Das Motto der Jewrovision 2018 »The Circle of Life« meint den Kreislauf und die Meilensteine des jüdischen Lebens von der Geburt bis zum Tod – sozusagen den Sinn des Lebens aus jüdischer Sicht. Was bedeuten uns die Feiertage im Laufe des Jahres, welche Rolle spielt die Natur für das Judentum, zum Beispiel das Schabbatjahr, und welche Spuren wollen wir auf der Welt hinterlassen? Mit diesen Fragen beschäftigen sich die Jugendlichen, die an der Jewrovision teilnehmen, bereits seit einem halben Jahr.

Was können Sie jetzt schon über die Jewrovision 2018 verraten? Wer ist der Special Act? Wer sitzt in der Jury?
Die Jury wird – wie in den vergangenen Jahren – wieder mit Stars besetzt sein, die wir aus dem Fernsehen, Radio und YouTube kennen. Und wir werden einen tollen Special Act haben, etwas ganz anderes als sonst. Die Details werden in Kürze bekannt gegeben. Wir werden auch die siebenköpfige Kantorengruppe »Mafteach Soul« wieder dabeihaben, die den Schabbat musikalisch begleiten wird – ohne Mikrofon.

Mit wie vielen Teilnehmern rechnen Sie in Dresden?

Wir rechnen mit etwa 1200 Teilnehmern beim Mini-Machane und etwa zusätzlichen 2000 Besuchern bei der Show. Außerdem bieten wir wieder ein Machane »Alumni 18plus« an, das sich stark wachsenden Interesses erfreut. Damit sprechen wir junge Leute zwischen 18 und 35 Jahren an. Sie sind mit der Jewrovision groß geworden und wollen noch immer gerne dabei sein. Früher haben manche in dieser Altersgruppe versucht, sich als Betreuer »einzuschleichen«. Jetzt haben wir ihnen die Türen mit einem eigenen Programm geöffnet, in Kooperation mit der Jüdischen Studierendenunion Deutschland, die das Programm aktiv mitgestaltet.

Wer finanziert die Jewrovision?

Die Jewrovision wird finanziell überwiegend vom Zentralrat der Juden getragen. Die Tanz- und Musikshow wird unter anderem aber auch großzügig von der Genesis Philanthropy Group, einer privaten Stiftung, gefördert. Sie unterstützt die Jewrovision jetzt schon zum dritten Mal und begleitet uns dabei partnerschaftlich. Dadurch wurde auch das Machane »Alumni 18plus« ermöglicht, und wir können zum Workshop-Programm des Mini-Machane hochkarätige Referenten einladen.

Können sich Kurzentschlossene auch jetzt noch zur Jewrovision anmelden?
Als Teilnehmer bei der Show nicht, aber als Gäste auf jeden Fall. Der Ticketvorverkauf startet gerade erst. Karten können reserviert werden unter ticket@jewrovision.de. Die Veranstaltung findet in der Messe Dresden, Halle 1, statt. Alle Informationen über das Event stehen auch auf unserer Website: www.jewrovison.de.

Und wenn jemand sich noch in letzter Minute zum Mini-Machane anmelden möchte?
Die Anmeldungen zum Mini-Machane laufen ausschließlich über die örtlichen jüdischen Gemeinden, an die man sich wenden muss. Ob noch Plätze verfügbar sind, hängt ja manchmal davon ab, wie viele Plätze in den Bussen oder Tickets für die Bahn zur Verfügung stehen. Unsererseits kann ich sagen: Solange auch nur ein Bett frei ist, werden wir bis zum letzten Tag Teilnehmer annehmen.

Mit dem Geschäftsführer des Zentralrats der Juden sprach Ayala Goldmann.

Berlin

Toleranz-Preis für Margot Friedländer

Engagement für Dialog, Toleranz und Erinnerung an die NS-Verbrechen: Das Jüdische Museum Berlin hat zum 23. Mal seinen »Preis für Verständigung und Toleranz« vergeben. Auch Delphine Horvilleur wurde ausgezeichnet

 17.11.2024

Deutschland

Im Kleinen die Welt verbessern

Mitzvah Day: Wie der Tag der guten Taten positiven Einfluss nehmen will

 17.11.2024

Porträt der Woche

Entscheidung in der Nacht

Alexander Khramtsov floh als russischer Oppositioneller nach Freiburg

von Anja Bochtler  17.11.2024

Gera/Weimar

Stolperstein geschändet und Gedenkkränze für die Opfer der Pogromnacht gestohlen

Am Denkmal des ehemaligen Synagogenraumes waren die Kränze am 9. November abgelegt worden

 16.11.2024

Hannover

»Dieses schockierende Ereignis trifft unsere ganze Stadt«

Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) ist entsetzt über antisemitische Schmierereien – rund 800 Menschen demonstrierten

 16.11.2024

Berlin

Toleranz-Preis für Margot Friedländer und Delphine Horvilleur

Im Jüdischen Museum wird der Preis übergeben

 15.11.2024

Mainz/Speyer

SchUM-Stätten erhalten Sonderbriefmarke

Die 85-Cent-Marke ist bald verfügbar

 15.11.2024

Gedenken

Fenster in die Vergangenheit

Erinnerungszeichen für Joachim und Maria Both enthüllt

von Ellen Presser  15.11.2024

Würdigung

»Ein Jude ist in Teilen von Abu Dhabi sicherer als in Teilen Berlins«

Peter Maffay und Armin Laschet in einer Stuhlreihe in Düsseldorf: Was hat es damit auf sich? Es geht um Antisemitismus - und um Wege, ihn zu bekämpfen

von Nikolas Ender  15.11.2024