Kaum etwas begeistert die Deutschen mehr als Fußball. Regelmäßig zieht der Sport Fans in die Stadien. Dort kommen die Anhänger der Vereine mit den jeweiligen Trikots und Gesängen zusammen. Doch die Fußballwelt vereint nicht nur, sie spaltet auch und wird nicht selten zum Schauplatz von Diskriminierung verschiedener Couleur.
Der Fußballverein Borussia Mönchengladbach möchte das nicht hinnehmen und Hass und Hetze auch mit der neuen Sonderausstellung »Verantwortung in Fußballschuhen« bekämpfen. Gefördert von der Kulturstiftung der Länder, ist diese ab dem 1. September im interaktiven Vereinsmuseum »FohlenWelt« in Mönchengladbach zu sehen.
Sensibilisierung Der Verein will auf diesem Weg diskriminierenden Schlachtrufen auf und neben dem Platz ein Ende setzen, für Vielfalt und Toleranz sensibilisieren sowie Antisemitismus, Rassismus und Ausgrenzung bekämpfen. Fans lernen zudem, wie sie als Teil der Vereinsgemeinschaft – und auch gesamtgesellschaftlich – Verantwortung übernehmen können. Die Ausstellung beleuchtet aber nicht nur die Fußballprobleme der Gegenwart, der Blick wandert auch in die Vereinsgeschichte während des Zweiten Weltkrieges, als in den eigenen Reihen noch NSDAP-Vertreter standen.
Über die Rolle des Vereins während der NS-Zeit sagt Matthias Rech, für die Inhalte der Ausstellung zuständiger Redakteur: »Borussia hat sich nicht darin hervorgetan, sich dem System zu widersetzen. Auch unser Verein wurde gleichgeschaltet und von Nazis geführt. Dennoch gab es den Fall eines ehemaligen Vorstandmitgliedes, das sich gegen die Nationalsozialisten gewehrt hat und ihnen zum Opfer gefallen ist. Diesen Fall erzählen wir nach und gehen auch darauf ein, was jenen jüdischen Familien in Mönchengladbach passiert ist, die Söhne hatten, die vor der NS-Zeit Jugendspieler in unserem Verein waren.«
Die Ausstellung beleuchtet auch die besondere Beziehung zwischen Borussia Mönchengladbach und Israel
Dabei soll nicht ausgelassen werden, dass SS-Offiziere wie Reinhold Grunert oder Karl Allwicher im Vorstand saßen. »Verantwortung in Fußballschuhen« zeigt zudem die besondere Beziehung zwischen Borussia Mönchengladbach und Israel, was nicht zuletzt auf das historische Spiel vom 25. Februar 1970 zurückzuführen ist. Als erste deutsche Fußballmannschaft traf der Verein damals auf Israels Nationalmannschaft und gewann mit 6:0. Die 22.000 israelischen Fans reagierten aber nicht mit Buhrufen. Stattdessen jubelten sie den deutschen Spielern zu. Ein bis dahin unvorstellbares Szenario.
Anlass 2020 hätte sich dieses besondere Spiel zum 50. Mal gejährt. Es wäre der ideale Anlass gewesen, um eine Ausstellung wie »Verantwortung in Fußballschuhen« zu eröffnen. Doch aufgrund der Pandemie wurde das hauseigene Museum vorübergehend geschlossen und die Eröffnung vertagt. Neben dem Jubiläum kam nun noch ein weiterer Anlass für die Eröffnung hinzu: Im letzten Jahr formulierte Borussia Mönchengladbach die eigene Vereinsordnung deutlich um. Ihr politischer Standpunkt ist damit nun wesentlich konkreter.
Sätze wie »der Verein ist politisch, weltanschaulich, rassisch und konfessionell neutral« wurden gestrichen, sie seien nicht mehr zeitgemäß gewesen, erklärt Rech. In der neuen Version heißt es unter anderem, dass der Verein »rassistischen, verfassungs- und fremdenfeindlichen Bestrebungen sowie diskriminierenden oder menschenverachtenden Verhaltensweisen, insbesondere aufgrund der Nationalität, Abstammung, ethnischen Zugehörigkeit, Religion, des Geschlechts, des Alters, der sexuellen Identität oder einer Behinderung aktiv entgegentritt«.
Auf die Frage, warum Fußball teilweise großes Aggressionspotenzial hervorbringen kann, antwortete Rech: »Kein anderer Sport ist so ein Massenphänomen wie der Fußball. In keinem anderen Sport gibt es eine so hohe Repräsentanz der Bevölkerung.« Das Fußballpublikum im Stadion sei damit schlichtweg ein Spiegel der Gesellschaft und so immer auch ein Abbild von politischen Strömungen sowie von gesellschaftlichen Problemen, erklärt Rech.
»Es ist das Eingeständnis, dass etwas im Argen liegt oder lag. Und es ist gleichzeitig das Signal: Wir wollen das Problem angehen und bekämpfen.«
Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland
Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, begrüßt das Engagement des Vereins: »Es ist das Eingeständnis, dass etwas im Argen liegt oder lag. Und es ist gleichzeitig das Signal: Wir wollen das Problem angehen und bekämpfen.« Zudem verweist er auf die Verantwortung, die Fußballer und Sportler generell haben: »Wenn sich Idole gegen Antisemitismus und Rassismus positionieren, dann lehnen es auch die Fans ab. So können Vorurteile und andere Ressentiments abgebaut werden oder ganz verschwinden.«