An der Namenslesung zum Gedenken an die Opfer der Schoa am Gedenkstein der 1938 zerstörten ehemaligen Münchner Hauptsynagoge haben sich in diesem Jahr auch Beamte der Münchner Polizei beteiligt. Im Alten Rathaus lasen sie dann Funksprüche vor, die ein Münchner Revier in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 gesendet hatte. Für Kriminalhauptkommissar Fabian Frese sind sie ein Beispiel dafür, wie sehr die Polizei in den NS-Unrechtsstaat involviert war.
Relevanz Was Polizeibeamte von heute dazu bewegt, sich ehrenamtlich mit der Geschichte der Münchner Polizei während der NS-Zeit auseinanderzusetzen, das erläutern er und die Leiterin der Arbeitsgruppe, Karen Pankiewicz. Für den Polizeihauptkommissar Frese ist der gesellschaftspolitische Aspekt wichtig, aus dem auch ein pädagogischer Ansatz folgt. Dass sich die Bevölkerung für dieses Kapitel der Polizeigeschichte interessiert, davon ist er überzeugt.
Das starke Echo auf die Wehrmachtsausstellung vor einigen Jahren ist für ihn dabei ein Beispiel. Bei der Aufarbeitung der Polizei-Vergangenheit liegt ein wesentlicher Unterschied darin, dass das Projekt von engagierten Beamten selbst bearbeitet wird. Die promovierte Juristin Karen Pankiewicz widmet sich dem Thema der ersten Mordfälle im KZ Dachau 1933. Die Enkelin von Schoa-Überlebenden aus Polen freut sich, dass die Kollegenschaft insgesamt positiv dem Projekt gegenüber eingestellt ist. Insgesamt beteiligen sich derzeit acht Mitarbeiter aus dem Polizeipräsidium. Anders als bei Karen Pankiewicz waren Vater und Großvater einer anderen Mitarbeiterin bei der Waffen-SS. »Erst die vielen jüdischen Klassenkameraden meines Sohnes haben mich wachgerüttelt«, sagt die Polizeibeamtin.
Schutz Ein weiterer Beamter hat sich schon früher mit dem »militärischen Teil« des Polizeieinsatzes im Zweiten Weltkrieg befasst. Mit seiner Arbeit möchte er seinen Teil zu einem »Nie wieder« beitragen. »Als Polizeibeamter, der mit der Motivation den Beruf ergriff, die Rechtsordnung vor Extremismus zu schützen, ist die Mitarbeit sehr spannend, da die Münchner Polizei 1938 ein Instrument war, die Rechtsordnung auszuhebeln und somit extremistischen Kräften den Weg zu bahnen«, beschreibt ein anderes Mitglied der Arbeitsgruppe seine Beweggründe.
Aus dem Bereich Staatsschutz im Münchner Polizeipräsidium kommt eine Mitarbeiterin, die sich mit der Ausgrenzung Homosexueller befasst, die auch noch lange nach dem Ende der NS-Zeit verfolgt wurden. Für sie ist es wichtig, dass die Initiative zu dem Forschungsprojekt aus den Reihen der Polizei selbst kommt. Zudem sei eine enge Zusammenarbeit mit dem NS-Dokumentationszentrum gegeben. Fabian Frese ergänzt: »Auch die Stadt, die Israelitische Kultusgemeinde und das Stadtarchiv unterstützen uns. Wir bekommen Anerkennung von Leuten aus der Zivilgesellschaft.« Vor dem Hintergrund des positiven Echos hofft Karen Pankiewicz auf weitere Unterstützung: »Ich wünsche mir, dass jeder, der zu diesem Projekt etwas beisteuern kann, sich bei uns meldet. Die Beiträge können persönlicher Art sein, aber auch Fotos oder andere Dokumente von damals.«