Herr Malach, bei der Parade zum Christopher Street Day von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern (LGBT) am Samstag in Berlin marschiert auch eine israelisch-jüdische Gruppe mit – vom Ku’damm bis zur Siegessäule. Ist das ein Coming-out?
Es ist das erste Mal: Im vergangenen Jahr haben wir beim Christopher Street Day das erste Jewish-Pride-Event organisiert. Auch dieses Jahr gibt es einen Gottesdienst, »Schabbat Lekulam« mit Rabbiner David Lazar, am Freitagabend in der Synagoge Rykestraße – organisiert von der World Zionist Organization Berlin in Zusammenarbeit mit Beth Hillel Berlin-Brandenburg. Und mit Unterstützung der israelischen Botschaft marschieren wir jetzt zum ersten Mal als jüdisch-israelische Gruppe am Samstag beim CSD mit. Wir vertreten gemeinsame Werte – und als Israelis und Juden wollen wir unseren Teil zu diesem besonderen Tag beitragen. Unsere Botschaft ist Gleichheit zwischen den Geschlechtern und Gleichberechtigung für alle sexuellen Orientierungen.
Was genau ist bei der Parade geplant? Antreten in Blau-Weiß?
Es gibt Verkleidungen, israelische Fahnen mit Regenbogenhintergrund und auch eine Dragqueen. Wir haben auch an einen Musikwagen gedacht, aber das ist teuer, und unsere Planung ist ziemlich spontan. Wir wollen erst mal schauen, wie es dieses Jahr funktioniert, und vielleicht organisieren wir dann im nächsten Jahr einen Wagen und ziehen alles etwas bombastischer auf.
Wie hilft Ihnen die israelische Botschaft?
Unser Auftritt ist keine offizielle Veranstaltung. Aber die israelische Botschaft hat uns letztes Jahr beim Pride-Event unterstützt, und sie hat auch jedes Jahr einen Stand bei der CSD-Parade. Für unseren Auftritt jetzt am Wochenende hat die Botschaft uns T-Shirts gedruckt und bei der Vorbereitung geholfen.
In Berlin gibt es eine ausgeprägte LGBT-Kultur. Wenn man annimmt, dass 20.000 Israelis in der Stadt leben, wie viele kann man dann zu dieser Gruppe rechnen?
Das ist schwer zu sagen, aber es sind sehr viele. Man geht davon aus, dass zehn bis 20 Prozent der Weltbevölkerung dazugehören. Unter den Israelis in Berlin ist der Prozentsatz sicherlich höher.
Kommen israelische Schwule und Lesben inzwischen gezielt nach Berlin, weil es hier Gleichgesinnte gibt?
Ja, aber das Thema ist komplex, weil die meisten Israelis nicht mit irgendetwas in Verbindung gebracht werden möchten, das nach offizieller Gemeinde klingt.
Wie viele Teilnehmer der israelisch-jüdischen Gruppe sind beim CSD?
Mindestens 60.
Gibt es Menschen, die Angst haben, sich gleichzeitig als Israeli und als homosexuell zu outen?
Das habe ich noch nicht gehört, dass jemand in dieser Hinsicht Angst hat. Im Gegenteil. Die Schwulen und Lesben, die hierherkommen, sind sehr offene Menschen, die überhaupt kein Problem mit ihrer Sexualität haben. In Berlin ist es sehr leicht, die eigene sexuelle Orientierung zur Schau zu stellen. Ich nehme an, es gibt Israelis, die nicht mit ihrem eigenen Land identifiziert werden wollen – wir wissen, dass hier Israelis aus dem gesamten politischen Meinungsspektrum leben. Aber ich als Israeli und Jude denke: Wenn wir die Idee der Freiheit und der freien Wahl der sexuellen Orientierung unterstützen und diese Werte mit Menschen in Deutschland teilen können – warum denn nicht?
Das Gespräch führte Ayala Goldmann.
Rotem Malach ist Gesandter der World Zionist Organization (WZO) in Deutschland. Er organisiert die »Let’s Start Davening«-Gottesdienste und die israelisch-jüdische Gruppe beim Christopher Street Day in Berlin.