Nach einem 16-jährigen Ringen um den Bau einer Synagoge in Potsdam ist am Montag in der Brandenburger Staatskanzlei der Vertrag zur Errichtung des Baus unterzeichnet worden. Bis 2024 soll die neue Synagoge in Brandenburgs Landeshauptstadt Potsdam vollendet sein und den verschiedenen jüdischen Gemeinden der Stadt zur Verfügung stehen.
Den Vertrag zur Errichtung unterschrieben am Montagvormittag der Präsident der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST), Abraham Lehrer, und Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD) in Anwesenheit des Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster. Das Land will das Bauwerk mit rund 13,7 Millionen Euro finanzieren. Baubeginn soll noch in diesem Jahr sein.
Vorreiterrolle Als letzte Landeshauptstadt der Bundesrepublik werde nun auch Potsdam wieder eine Gemeindesynagoge bekommen, sagte Schuster. Mit einer liberalen Hochschulsynagoge und einem Bau, der sich dem traditionellen Judentum verpflichtet sieht, werde Brandenburg nun zum Vorreiter.
»Die Synagoge ist ein Haus für alle«, betonte Abraham Lehrer. Neben Gottesdiensten und Lehrstunden soll es in dem Gebäude auch Angebote wie Sozial- und Gesundheitsberatung geben.
Das Vorhaben setzt ein Zeichen dafür, dass Juden in die Mitte der Gesellschaft gehören.
Manja Schüle
Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Antisemitismus zu bekämpfen und jüdisches Leben wieder sichtbar zu machen, sagte Landesministerin Schüle. Für beides stehe die Vereinbarung zum Bau des Synagogen- und Gemeindezentrums in unmittelbarer Nähe des Landtags. Das Vorhaben setze ein Zeichen dafür, dass Juden in die Mitte der Gesellschaft gehören. »Jüdinnen und Juden in Brandenburg sollen sich wohlfühlen«, sagte Schüle. »Sie sind wir.«
Bauausschreibung Mit der Vereinbarung vom Montag sei nun die Voraussetzung dafür geschaffen, dass die jüdischen Gemeinden in Potsdam eine würdige Heimstatt bekommen. Die Bauausschreibung laufe bereits, sagte Schüle. Das Land errichte das Synagogenzentrum, die ZWST werde die Begleitung des Planungs- und Bauprozesses und in den ersten drei Jahren nach Fertigstellung die Treuhandschaft übernehmen. Dafür soll der jüdische Sozialverband jährlich rund 650.000 Euro vom Land erhalten. Nach drei Jahren soll der jüdische Landesverband das Bauwerk übernehmen, für das eine Stiftung errichtet werden soll.
Sie sei überzeugt, dass der nicht immer einfache Weg zu einer neuen Synagoge nun zu einem guten Ende kommen werde, betonte Schüle. Das Bauvorhaben wurde bereits 2005 im Staatsvertrag des Landes Brandenburg mit dem jüdischen Landesverband festgehalten. Seitdem gab es mehrere Anläufe, den Baustart auf den Weg zu bringen. Dies scheiterte vor allem an einer Kontroverse zwischen den verschiedenen jüdischen Gemeinden in Potsdam über die Gestaltung des Baus nach dem Entwurf des Berliner Architekten Jost Haberland.
Koalitionsvertrag Zuletzt hatte Schüle am 18. Februar dieses Jahres Pläne für ein Synagogen- und Gemeindezentrum präsentiert. »Wir werden die Synagoge wie im Koalitionsvertrag versprochen in dieser Legislaturperiode an die Jüdinnen und Juden in Brandenburg zur Nutzung übergeben«, hatte sie damals bei einer Online-Pressekonferenz verkündet.
»Für die ZWST ist dies der zweite Anlauf, mitzuhelfen und mitzuwirken, dass in der Stadt Potsdam ein Bau errichtet wird, der eine Synagoge beinhaltet und den Gemeinden Möglichkeiten eröffnet, ihre Sozial- und Jugendarbeit in passendem Rahmen durchzuführen«, betonte ZWST-Präsident Lehrer bei der Entscheidung Anfang dieses Jahres.
Die jüdische Gemeinschaft von Potsdam soll in dem Gebäude ein neues Zuhause finden.
Abraham Lehrer
Die Zentralwohlfahrtsstelle sehe sich als Katalysator für den Baustart. »Wir wollen das nicht für unseren Verband einrichten und eingliedern, sondern wir wollen es gestalten, damit die Menschen und die jüdische Gemeinschaft von Potsdam sich darin ein Zuhause bilden können.«
Die historische Synagoge im Potsdamer Stadtzentrum überstand zwar die NS-Pogrome von 1938, wurde jedoch danach von der benachbarten Post genutzt und Ende des Zweiten Weltkriegs im April 1945 bei einem Luftangriff zerstört. Am historischen Standort wurde in der DDR ein Wohnhaus errichtet. Dort erinnert eine Gedenktafel an die alte Synagoge. epd/ja