Familien-Schabbat

Für den Zusammenhalt

In den Synagogen der Stadt können Kinder und Eltern gemeinsam feiern. Unterstützung bekommen sie nun von Madrichim aus dem Jugendzentrum »Olam«

von Christine Schmitt  12.01.2025 07:54 Uhr

Familien-Schabbat in der Synagoge Rykestraße Foto: @debisimon

In den Synagogen der Stadt können Kinder und Eltern gemeinsam feiern. Unterstützung bekommen sie nun von Madrichim aus dem Jugendzentrum »Olam«

von Christine Schmitt  12.01.2025 07:54 Uhr

»Wir brauchen jeden«, sagte Rabbiner Boris Ronis. Und als er gefragt wurde, ob die Synagoge Rykestraße eine Kooperation mit dem Jugendzentrum »Olam« für die Familiengottesdienste eingehen würde, zögerte er keine Sekunde, sondern freute sich. Zu Recht: »Mehr als 70 Kinder kommen zu uns in die Synagoge, die wir alle betreuen und mit denen wir Gottesdienst feiern möchten. Jede Hand ist deshalb willkommen«, sagt Ronis heute.

Im Dezember 2024 bekam die Synagoge zum ersten Mal Unterstützung von den Madrichim aus dem Jugendzentrum Olam – genauso wie die Synagogen Pestalozzistraße und Oranienburger Straße. »Die Familiengottesdienste sind eine tolle Veranstaltung und bieten Eltern sowie Kindern die Möglichkeit, gemeinsam daran teilzunehmen«, sagt auch Rabbiner Jonah Sievers, der in der Synagoge Pestalozzistraße amtiert. Gerade in diesen Zeiten, in denen die Außenwelt für Juden unfreundlicher geworden ist, sei es wichtig, einen »Safe Space« anzubieten. Das Kinderprogramm findet vor dem Familiengottesdienst, der auch vom Kinder- und Jugendchor der Gemeinde gestaltet wird, einmal im Monat am Freitagnachmittag statt.

»Ich wusste, dass einige Synagogen Familien-Schabbatot anbieten; auch im Juze feiern wir Gottesdienste. Warum also nicht einmal zusammen feiern?«, sagt Shelly Schlafstein, Leiterin des Juze Olam. »Es ist eine wunderbare Gelegenheit, die Gemeinschaft zu stärken und die Bedeutung von Schabbat für Kinder, Familien und Jugendliche neu zu erleben.«

Wochenabschnitt, Challot und Essen

Nachdem die Rabbiner Ronis und Sievers sowie Rabbinerin Gesa Ederberg zugestimmt hatten, fragte Shelly Schlafstein im Juze ihre Madrichim, wer Zeit und Lust hätte, die Synagogen zu unterstützen. Nogah, eine von zwölf Madrichim, gefiel die Idee sofort. »Ich half in der Synagoge Rykestraße bei den Vorbereitungen. Es gab mehrere Stationen im Vorraum, an denen die Kinder malen, basteln oder spielen konnten.«

Auch wurde der Wochenabschnitt besprochen, Challot gebacken und das Essen vorbereitet. »Das Team, das für die Betreuung dort zuständig ist, ist toll«, betont Nogah. »Wir stecken viel Liebe in die Betreuung«, ergänzt ein Ehrenamtlicher, der sich in der Synagoge engagiert. Alle seien mit ganzem Herzen dabei. »Und wir freuen uns über die Unterstützung von den Madrichim.«

»Die Begeisterung der Kinder, die ihre eigenen Kreationen stolz präsentierten, war deutlich spürbar«, weiß Nogah zu berichten. Schließlich trommelt Rabbiner Ronis die Kinder zusammen, um mit ihnen in die Synagoge zu gehen. Dort werden gemeinsam Schabbatlieder gesungen. Währenddessen bereiten Nogah und das Team den Kiddusch vor. Am Ende hilft sie beim Aufräumen. »Die Madrichim waren sehr tatkräftig und eine Bereicherung«, sagt Rabbiner Ronis. Die zwei Stunden am Freitag vergehen immer wie im Flug.

Die Familien-Schabbatot in der Synagoge Rykestraße gibt es schon seit Längerem. »Aber wegen der Corona-Pandemie waren sie etwas eingeschlafen«, so der Rabbiner. Nun gebe es ein neues Team mit neuen Eltern und Konzepten, das gut angenommen werde. Beim Familien-Schabbat zu Chanukka kamen so viele, dass die 200 Sufganiot halbiert werden mussten, damit jeder etwas abbekam.

Die zwei Stunden am Freitag vergehen immer wie im Flug.

Auch die Synagogen Pestalozzistraße und Oranienburger Straße bieten das Format schon länger an. Bei den Familien-Schabbatot herrsche eine tolle Atmosphäre. »Es ist eben etwas ganz Besonderes, wenn so viele Kinder dabei sind«, sagt Shelly Schlafstein. Und alle könnten voneinander lernen, denn an diesen Tagen sind sie auch Beterinnen und Beter begegnet, die unabhängig vom Juze Interesse an der Jugendarbeit haben. Madricha Nogah traf einige Kinder wieder, die auch öfter im Juze sind. Inzwischen habe sie weitere kennengelernt. »Vielleicht kommen sie demnächst auch zu uns ins Olam?«

Zusätzlich fand im Juze ein Schabbat für Jugendliche statt, den diese selbst organisiert hatten. Jüngst trafen sich Kinder und Jugendliche nach dem Gottesdienst, den sie in ihren jeweiligen Synagogen gefeiert hatten, im Gemeindehaus an der Fasanenstraße, um dort gemeinsam den Kiddusch zu begehen. »Wir hatten ein großes Büfett aufgebaut und viel Spaß«, berichtet Shelly Schlafstein. »Besonders schön ist, dass diese Veranstaltungen in so unterschiedlichen Synagogen stattfinden können«, meint sie. Jede verfüge über einen eigenen Charakter, ihre eigene Atmosphäre – doch alle seien offen für Familien und Kinder. Auch in der Synagoge Joachimsthaler Straße seien für die Zukunft Schabbatot geplant.

Diese Schabbatot seien nur der Anfang einer größeren Vision. Ziel des Gemeindevorstandes sei es, künftig einmal monatlich Familien- und Jugend-Schabbatot in den Synagogen anzubieten, um sie mit Gemeinschaft und Leben zu füllen, so Ilan Kiesling, Sprecher der Jüdischen Gemeinde Berlin.

Die nächsten Familien-Schabbatot finden am 17. Januar in der Synagoge Rykestraße und am 24. Januar in der Synagoge Pestalozzistraße statt.

Interview

»Wir reden mehr als früher«

Rabbiner Yechiel Brukner lebt in Köln, seine Frau Sarah ist im Herbst nach Israel gezogen. Ein Gespräch über ihre Fernbeziehung

von Christine Schmitt  13.03.2025

Bundeswehr

»Jede Soldatin oder jeder Soldat kann zu mir kommen«

Nils Ederberg wurde als Militärrabbiner für Norddeutschland in sein Amt eingeführt

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Hamburg

Hauptsache kontrovers?

Mit der Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille wurde die »Christlich-Jüdische Zusammenarbeit 2025 – 5785/5786« eröffnet. Die Preisträger sind in der jüdischen Gemeinschaft umstritten

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Purim

Schrank auf, Kostüm an

Und was tragen Sie zum fröhlichsten Fest im jüdischen Kalender? Wir haben uns in der Community umgehört, was in diesem Jahr im Trend liegt: gekauft, selbst gemacht oder beides?

von Katrin Richter  13.03.2025

Feiertag

»Das Festessen hilft gegen den Kater«

Eine jüdische Ärztin über Alkoholkonsum an Purim und die Frage, wann zu viel wirklich zu viel ist

von Mascha Malburg  13.03.2025

Berlin

Persien als Projekt

Eigens zu Purim hat das Kunstatelier Omanut ein Wandbild für die Synagoge Pestalozzistraße angefertigt

von Christine Schmitt  13.03.2025

Wilmersdorf

Chabad Berlin lädt zu Purim-Feier ein

Freude sei die beste Antwort auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen, sagt Rabbiner Yehuda Teichtal

 12.03.2025

Purim

An Purim wird »We will dance again« wahr

Das Fest zeigt, dass der jüdische Lebenswille ungebrochen ist – trotz der Massaker vom 7. Oktober

von Ruben Gerczikow  12.03.2025

In eigener Sache

Zachor!

Warum es uns besonders wichtig ist, mit einer Sonderausgabe an Kfir, Ariel und Shiri Bibas zu erinnern

von Philipp Peyman Engel  11.03.2025 Aktualisiert