»JUMU«

Für den interreligiösen Dialog

Juden und Muslime können nicht zusammenarbeiten» – dieses Vorurteil ist zäh und langlebig. Doch es gibt sie, die Kooperationsprojekte über die Grenzen der Religion und Herkunft hinweg. Bislang liefen diese Aktionen lediglich auf lokaler Ebene, oft getrieben von einzelnen engagierten Juden und Muslimen. Seit dem 7. Dezember 2016 ist das anders.

An diesem Datum wurde JuMu Deutschland gegründet, eine gemeinnützige GmbH. Die Abkürzung «JuMu» steht dabei für «Juden und Muslime». Ziel der Gesellschaft ist es nach eigener Aussage, die Zusammenarbeit von Juden, Muslimen und Christen auf den Gebieten interreligiöser Dialog und Sozialarbeit deutschlandweit zu intensivieren, zu professionalisieren und auf eine nachhaltige Basis zu stellen.

Erste Veranstaltungen mit jüdisch-muslimischen Teilnehmern fanden bereits statt: Ende März dieses Jahres kam es zu einem Treffen in der Synagoge der Jüdischen Gemeinde Mönchengladbach. Ziel war es, Muslimen und Juden die Gelegenheit zu geben, die Grundlagen der jeweils anderen Religion kennenzulernen und unbefangen Fragen zu stellen. Zwei Mitarbeiter des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Elif Altundag und Suphian Al-Sayad, moderierten in der Synagoge.

Blickwinkel Grußworte sprachen ZMD-Vorstandsmitglied Hamza Wördemann und Michael Rubinstein, Geschäftsführer des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein. Teilnehmer Mark Lektor aus Mönchengladbach sagte: «Ich fand diesen interkulturellen Dialog sehr interessant und spannend. Es hat mir Aufschluss und mehr Einsicht in die verschiedenen religiösen Blickwinkel gegeben, aber auch ziemlich viele Parallelen aufgezeigt.»

Der 22-Jährige befand, dass auf diese Weise viele Stereotype angesprochen worden seien und durch die Offenheit Transparenz entstehe, die bestehende Ängste gemindert und sogar abgebaut habe. «Mir wurde deutlich, dass viel mehr interkulturelle und interreligiöse Dialoge geführt werden sollten, und ich bin für diese besondere Gelegenheit, diese Erfahrung zu machen, äußerst dankbar.» Auf Reden und Fragerunde folgte ein Religions-Quiz. Das anschließende Essen war koscher und halal.

Zuvor hatte es bereits vier jüdisch-muslimische Veranstaltungen unter dem Motto «Weißt du, wer ich bin?» gegeben, gefördert vom Bundesinnenministerium mit insgesamt rund 300 Besuchern: in der Jüdischen Gemeinde Landkreis Barnim in Bernau, in der muslimischen Gemeinde in Wuppertal und Frankfurt/Main und einer Flüchtlingseinrichtung des ZMD in Dresden. In Bernau erzählte die Holocaust-Überlebende Lubov Kramer ihre Geschichte. Leah Floh, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Mönchengladbach, präsentierte Symbole jüdischen Lebens.

Gemeinsamkeiten JuMu betont auf seiner Homepage die Gemeinsamkeiten von Islam und Judentum: Gläubige beider Religionen verrichten täglich Pflichtgebete, richteten sich nach dem Mondkalender, sehen Jerusalem als die Heilige Stadt und fasten in einem bestimmten Zeitraum, um nur einige zu nennen. «Man könnte dem Ganzen das gemeinsame Motto geben: ›Wir sind jung und vertrauen unserem Schöpfer‹», sagt Hamza Wördemann vom ZMD.

Bei der Suche nach einem Partner auf jüdischer Seite stießen die Muslime auch bei der Bernauer Gemeinde schnell auf Gegenliebe. Der Grund, eine jüdische Gemeinde hier anzusprechen, lag in der engagierten Migrantenarbeit, die Juden in diesem Bundesland leisten. Inzwischen sitzt der Brandenburger Landesrabbiner Nachum Pressmann im Beirat von JuMu – und Diana Sandler, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde im Landkreis Barnim, ist Geschäftsführerin von JuMu Deutschland. Die Treffen sind aber nur ein erster Schritt. Darüber hinaus sind gemeinsame Projekte in der Sozialarbeit geplant.

Hamza Wördemann nahm an diesem Sonntag auch an der Veranstaltung zum 20-jährigen Jubiläum der Bernauer Gemeinde teil. «Wir stehen hinter Ihnen», sagte der Vertreter von mehr als 300 Moschee-Gemeinden laut einem Bericht der «Märkischen Oder-Zeitung».

Gemeindevorsitzende Diana Sandler zitiert die Zeitung mit dem Lob: «Dies ist nicht nur ein besonderer Tag für die jüdische Gemeinde, sondern für uns alle.» Durch ihre Arbeit in den vergangenen zwei Jahrzehnten habe sie «angefangen, zu verstehen, was es heißt, Jude zu sein». Es bedeute vor allem, ein Gewissen zu haben und dankbar zu sein. «Und wir Juden haben auch eine Verantwortung zu tragen», sagte Diana Sandler weiter.

München

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