Plüschtiere, Puppen, Bilderbücher, Bauklötze, Schaukelpferd und Janoschs Tigerente waren schon eingezogen. Am Montag folgten die ersten Kinder ihren Spielgefährten in den neuen Kindergarten der Jüdischen Gemeinde Segeberg. Der Kindergarten »Sidonie-Werner-Kinderhaus« steht allen Religionen offen und will die interkulturelle Erziehung fördern. Es ist die erste jüdische Kindertagesstätte in Schleswig-Holstein. Einige Plätze sind noch frei.
Eigenleistung Die Gemeinde hatte den unteren Mühlenturm des jüdischen Gemeindezentrums »Mishkan HaZafon«, die Synagoge des Nordens, mit viel Eigenleistung zu einem Kindergarten ausgebaut. Für die Krippenkinder richtete die Leiterin Myriam Blender einen Schlafraum ein. Der große Außenbereich mit Klettergerüst, Rutsche, Sandkästen und einer Wackelbrücke eignet sich bestens zum Spielen.
Auch christliche und muslimische Kinder sind hier herzlich willkommen. »Ich freue mich auf unsere Arbeit mit den Kindern«, sagt Myriam Blender. Ein Schwerpunkt wird die interreligiöse und interkulturelle Erziehung werden. »Wir meinen, dass Kinder, egal, welcher Religion, gemeinsam aufwachsen sollten, um Fremdheit und daraus erwachsende Aggressionen gar nicht erst aufkommen zu lassen«, sagt die 38-jährige Erzieherin. Das Konzept sieht vor, Gemeinsamkeiten der Religionen zu entdecken und jüdische, muslimische, christliche Feste gemeinsam zu feiern.
Sprachförderung Zur Vorbereitung auf ihre Tätigkeit im Sidonie-Werner-Kinderhaus hat Myriam Blender eine Fortbildung zur Sprachförderung absolviert. Denn viele Kinder kommen aus Migranten-Familien, die meisten jüdischen aus den russischsprachigen ehemaligen Sowjetrepubliken, die muslimischen aus der Türkei, Afrika und arabischen Nationen. Auch der familiäre Hintergrund von Kindern aus christlichen Familien ist nicht ausschließlich ein deutscher. Unterstützt wird die Kinderhaus-Leiterin von einer Kinderpflegerin, die auch Kinderkrankenschwester ist, und einem Heilerzieher. »Wir haben bewusst einen Mann gewählt, damit die Kinder eine männliche Bezugsperson haben«, sagt die Mutter zweier erwachsener Töchter.
»Unser Konzept basiert außerdem auf der Pädagogik Maria Montessoris, die sich konsequent auf die Bedürfnisse der Kinder einstellt«, sagt die Ehefrau des Gemeinde- und Landesverbandsvorsitzenden Walter Blender. »Wir helfen ihnen bei der Entwicklung zum eigenständigen Denken und Handeln«, sagt die Erzieherin.
Finanzierung Die Kita hat Plätze für 15 Kinder im Alter von sechs Monaten bis zur Schulreife von sechs Jahren. Finanzieren konnte die Gemeinde das Projekt durch vielerlei Hilfen. 145.000 Euro haben Ausbau und Einrichtung gekostet. 65.000 Euro gab es als Investitionsmittel vom Land Schleswig-Holstein, 30.000 Euro steuerte der Zentralrat der Juden bei. Weitere 30.000 Euro investierte die Jüdische Gemeinde Segeberg, 20.000 Euro erbrachte die Gemeinde aus Eigenleistung und Spenden.
Als nächstes großes Projekt will die Segeberger Gemeinde, die zurzeit 180 Mitglieder zählt, den großen Synagogensaal im ersten Stock des Gemeindezentrums mit Empore ausbauen. »Alle jüdischen Richtungen sollen sich bei uns wohlfühlen«, sagt Walter Blender.