Für die einen ist es bereits Routine, bei anderen dagegen werden nostalgische Erinnerungen wach. Die Rede ist von der diesjährigen Jahresvollversammlung der Jüdischen Studierendenunion in Deutschland (JSUD), die praktischerweise auf dem Jugendkongress in Berlin abgehalten wurde – schließlich kommen nicht jeden Tag so viele junge jüdische Erwachsene an einem Ort zusammen, wie auf der jährlichen Tagung, die traditionell von der Zentralwohlfahrtsstelle der in Juden in Deutschland auf die Beine gestellt wird.
Denn unmittelbar nachdem die JSUD-Präsidentin Anna Staroselski die Beschlussfähigkeit – ein Minimum von 20 Studierenden ist vorgeschrieben – festgestellt hatte, sprach Avital Grinberg zu den Teilnehmenden. »Vor drei Jahren hatte ich auf der JSUD-Jahresvollversammlung meine erste öffentliche Rede gehalten,« so das ehemalige JSUD-Vorstandsmitglied. Nach über zwei Jahren auf diesem Posten ging sie nach Brüssel, wo sie seit dem Sommer die Präsidentin der European Union of Jewish Students (EUJS) ist. »Schon damals hatten wir vor, jüdisches Leben gemeinsam voranzubringen und nicht nur über Antisemitismus zu reden. Aber vor allem wollten wir als überparteiliche Studierendenunion für Alle da sein.«
Daran hat sich nicht viel geändert – auch wenn der Antisemitismus sowie politische Ereignisse, allen voran die russische Invasion in der Ukraine und die Angriffe von Hamas & Co. auf Israel als Themen immer wieder dominant wurden. Genau das spiegelte sich im Tätigkeitsbericht wider, der in Berlin von Anna Staroselski, Lars Umanski sowie Hanna Veiler, Julia Kildeeva und Lena Prytula präsentiert wurde. Zum einen hatte man erfolgreich eine Social Media Task Force ins Leben gerufen, zum anderen sich mit den Antisemitismus-Beauftragten der Länder in vielen Bereichen vernetzt.
Die JSUD beteiligte sich auch unter dem jetzigen Vorstand an zahlreichen Aktionen, wie einer Demonstration vor der Zentrale von Amnesty International in Berlin, weil die prominente NGO einen skandalösen Bericht zu Israel herausgebracht hatte, oder schuf gemeinsam mit Ofek e.V:, der Beratungsstelle bei antisemitischen Vorfällen, einen Safe Space für alle, die der Ukraine-Konflikt belastete. Darüber hinaus gab eine intensive Beschäftigung mit den Aussagen der frisch gewählten Ampel-Koalition zu Israel und der Frage, was der im Herbst 2021 ausgehandelte Koalitionsvertrag für die jüdische Gemeinschaft bedeutet.
Last but not least hatten die Vorstandmitglieder, allen voran Anna Staroselski, in den Medien Flagge gezeigt und den jüdischen Studierenden so eine Stimme gegeben. Die Aufgabe, jüdisches Leben in Deutschland sichtbar zu machen, hatte man offensichtlich mit Bravour erfüllt. Entsprechend machte man sich ans Werk, einige Leitplanken für die zukünftige Arbeit zu identifizieren.
Und da soll die Beschäftigung mit der Gefahr von Rechts einer der Schwerpunkte der JSUD-Politik der nächsten Zeit werden. So heißt es in einem vorgestellten Paper: »Wir stellen fest, dass Rechtsextremismus und das Leugnen der Existenz rechter Netzwerke in Deutschland eine der größten Gefahren für Jüdinnen und Juden darstellen.« Deshalb sei es zwingend notwendig, dass jüdische Organisationen gegen jeglichen Rechtsextremismus einstehen. Dies wolle man vorantreiben.
Doch nach der Diskussion ist vor der Diskussion. Weil Chanukka begonnen hatte, wurde zum Abschluss erst einmal gemeinsam die erste Kerze an einer Chanukkia entzündet. Dazu gab es reichlich Sufganiot und Latkes.