Herr Aris, Sie nehmen mit einem Projekt am Evangelischen Kirchentag teil, warum?
Ich denke mir, dass es für das Verständnis untereinander wichtig ist. Überhaupt ist der christlich-jüdische Dialog, den wir als Gemeinde schon seit Anfang der 80er-Jahre pflegen, sehr wichtig. Unter dem Dach der Evangelischen Kirche wurde damals der Arbeitskreis »Begegnung mit dem Judentum« – auch unter Mitwirkung der katholischen Seite – eingerichtet. Ich bin einer der Gründungsvorsitzenden der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit hier in Dresden.
Womit werden Sie sich beschäftigen?
Ich habe mich entschieden, als Zeitzeuge teilzunehmen. Wolfram Nagel vom MDR hat mich am Vorabend des Kirchentages unter dem Titel »Gedenken zu Beginn« interviewen. Vorher wird es einen Rundgang zu prägnanten Stellen wie der Kreuzkirche, dem Altmarkt mit Frauenkirche, der Stele zum Gedenken an die sechs Millionen ermordeten Juden geben. Er wird im Innenhof der Synagoge enden. An den einzelnen Haltepunkten wird Pfarrer Siegfried Reimann etwas zu diesen Orten sagen. Wolfram Nagel wird mich zu meinem Schicksal vor allem in Hinblick darauf befragen, dass es auch Menschen gegeben hat, die geholfen haben. Das betrifft auch meine Familie und mich. Nach den Bombennächten in Dresden ermöglichten uns Nachbarn mithilfe falscher Papiere unterzutauchen.
Dieses Thema haben Sie sich ausgesucht?
Ja, als einziges. Vielleicht werde ich noch an einzelnen Programmpunkten teilnehmen. Es stehen in unserem Haus interessante Themen gerade zur Geschichte des christlich-jüdischen Dialogs mit Siegfried Reimann und Professor Martin Stöhr auf dem Programm. Ich werde dabei nicht aktiv mitwirken, aber mich möglicherweise mal zu Wort melden.
Es ist Ihnen wichtig, dass der Kirchentag in Dresden stattfindet?
Das ist eine gute Sache. Auch in der Vergangenheit hat die jüdische Gemeinde schon an einem regionalen katholischen Kirchentag teilgenommen. Das ist mir wichtig. Ich vertrete die Meinung, dass in der Nachkriegszeit die Zusammenarbeit unter den Religionen konkret von Christen und Juden durch den Dialog und die Arbeit des Deutschen Koordinierungsrats eine andere Qualität gewonnen hat. Verständnis füreinander und das Miteinander haben sich stark verbessert. Das empfinde ich als einen gewaltigen Fortschritt.
Das heißt, sie haben auch gute Kontakte zur Kirche über den Kirchentag hinaus?
Deswegen war es uns auch ein Bedürfnis, uns mit einzubringen. Wir haben unser Haus zur Verfügung gestellt, die Gemeindevorsitzende Nora Goldenbogen hat viele Programmpunkte übernommen. Am Schabbat erwarten wir neben unseren Mitgliedern 200 nichtjüdische Gäste zum Gottesdienst mit einem anschließenden vom Kirchentag getragenen Kiddusch. Es macht Freude, mit den Vertretern des Kirchentages zusammenzuarbeiten, speziell mit seiner Generalsekretärin Ellen Ueberschär.
Mit dem Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Dresden sprach Heide Sobotka.