Frau Kucharski-Huniat, am 28 Juni beginnt in Leipzig die Jüdische Woche. Was ist diesmal das Besondere?
Wir haben ein Jubiläum: 1995, also vor 20 Jahren, wurde die Jüdische Woche ins Leben gerufen. Außerdem ist sie angereichert durch zwei weitere Jubiläen: 50 Jahre deutsch-israelische Beziehungen und 1000 Jahre Ersterwähnung Leipzigs. Das hat das Programmspektrum erweitert, wir haben über 120 Veranstaltungen an 70 Orten.
Was war die größte Herausforderung?
Unsere vielen Akteure zusammenzubringen. Aber diese Herausforderung gibt es immer.
Sie haben die Jüdische Woche mitinitiiert. Wie hat das damals angefangen?
Ich bin 1994 ins Kulturamt gekommen. Während der DDR-Zeit hatte ich einige Jahre in der jüdischen Gemeinde in Leipzig gearbeitet. Daher wusste ich um den Reichtum des jüdischen Lebens in der Stadt in der Vergangenheit. Das war zum Ende der DDR überhaupt nicht sichtbar. Die jüdische Gemeinde bestand aus wenigen Mitgliedern, und es gab damals noch überhaupt keine Hoffnung auf Zuwachs. Da war es wichtig, diese Fehlstelle zu schließen und auf das jüdische Leben aufmerksam zu machen. Und so ist die Idee für die Jüdische Woche entstanden. Sie ist im Prinzip ein Gemeinschaftswerk mit Kerstin Plowinski von der Carlebach-Stiftung. Es brauchte nicht viel Überzeugungsarbeit bei der Stadt Leipzig, sich für die Idee mit zu begeistern.
Wie hat sich die Veranstaltung entwickelt?
Enorm. Ich glaube, wir sind die einzige Jüdische Kulturwoche in Deutschland, die mit so vielen Partnern arbeitet. Hier bilden die Stadt Leipzig, die Israelitische Religionsgemeinde und die Carlebach-Stiftung das organisatorische Dach, aber die Jüdische Woche lebt von unseren Veranstaltern, die eigenständig ihre Programmideen entwickeln. Wir haben deshalb die Jüdische Woche auch nie unter ein bestimmtes Thema gestellt, sondern lassen die Vielfalt zu. Wir haben so viele Akteure in der Stadt, von Jugendkulturzentren bis zu den Eigenbetrieben der Stadt Leipzig, wie der Oper, die sich dem Thema zuwenden. Und so hat sich das Programm immer weiter ausgedehnt: Kinoveranstaltungen, Ausstellungen, Lesungen, Zeitzeugenbegegnungen.
Worauf freuen Sie sich besonders?
Ich freue mich immer auf die Eröffnungsveranstaltung. Es ist sehr beeindruckend, mit den ehemaligen Leipzigern und dem Synagogalchor an der Gedenkstätte in der Gottschedstraße zu stehen. Aber ich freue mich auch auf die vielen anderen Veranstaltungen. Ich möchte mir einen der beiden Filme am 2. Juli ansehen. Es gibt einen Film über den Fotografen Rudi Weissenstein – sein Enkel wird anwesend sein. Und es gibt auch einen Film über die »Villa Tugendhat«, dazu zeigen wir auch eine Ausstellung im Grassi-Museum für angewandte Kunst, und die Enkelin von Tugendhat kommt. Da bin ich noch etwas hin- und hergerissen.
Sie haben vorhin die Zeitzeugengespräche erwähnt. Erzählen Sie doch von dem Einladungsprogramm der Stadt Leipzig.
Die Stadt Leipzig hat Anfang der 90er-Jahre damit begonnen, ehemalige Leipziger Juden ausfindig zu machen und einzuladen. Wir wussten, dass viele Sehnsucht nach ihrer Geburtsstadt haben. Es ist aber auch immer wieder eine schwierige Begegnung, oft auch die erste. Weil viele wegen ihres hohen Alters nicht mehr alleine reisen können, wurde das Programm ausgeweitet, sie können jetzt eine Begleitung mitbringen. Das sind dann in der Regel Sohn oder Tochter, aber jetzt auch verstärkt Enkelkinder. Und da gibt es einen wunderbaren Brückenschlag zur jungen Generation.
Mit der Leiterin des Kulturamts der Stadt Leipzig und Mitorganisatorin der Jüdischen Woche sprach Thyra Veyder-Malberg.