Interview

Fünf Minuten mit …

»Verständnis für den anderen zeigen«, Meinhard Tenné Foto: Horst Rudel

Interview

Fünf Minuten mit …

Meinhard Tenné über sein Bundesverdienstkreuz und muslimischen Judenhass

von Brigitte Jähnigen  16.03.2015 16:48 Uhr

Herr Tenné, vor Kurzem hat Ihnen Staatsministerin Silke Krebs das Große Bundesverdienstkreuz am Bande überreicht. Was bedeutet Ihnen die Auszeichnung?
Für mich bedeutet diese Ehrung eine Anerkennung der Öffentlichkeit meines Bemühens, das Zusammenleben von Menschen friedlich zu gestalten, gleich, welcher Herkunft sie sind und welcher Religion sie angehören.

Und wie bewerten Sie die Außenwirkung einer solchen Auszeichnung?
Das weiß ich nicht. Das kann ich nicht beurteilen.

Sie haben sich jahrzehntelang für die Gemeinde engagiert und das Jüdische Lehrhaus aufgebaut. Welches Vermächtnis hinterlassen Sie?
Ich habe mich der Verantwortung gestellt, die mir angetragen wurde. Liebe Freunde haben mich dabei unterstützt.

Welche Themen sind Ihnen wichtig?

Das Zusammenleben der Religionen. Das Verständnis für den anderen. Dass man in ihm nicht den Gegner, sondern den Partner sieht. Man kommt nicht umhin, sich in dessen Welt hineinzuversetzen, erst dann wird man ihn verstehen können. Das Lehrhaus ist ein Teil meines Wirkens. Themen wie »Wege zum Verständnis des Judentums« werden jetzt ganz anders als noch vor Jahren diskutiert. Wir Alten leben dieses Verständnis, wir achten einander. Es ist logisch, dass wir diesen Respekt an die nächsten Generationen weitergeben wollen und müssen.

Sie engagieren sich auch für den Trialog zwischen Christen, Juden und Muslimen. 2014 hat sich der Judenhass gerade unter jungen Muslimen gezeigt. Sind Sie mit Ihrem Bemühen gescheitert?
Nein, gescheitert sind wir nicht. Aber wir haben den Antisemitismus mancher muslimischer Jugendlicher nicht ernst genommen, und so hat er sich verselbstständigt. Ich habe gute Kontakte zu Muslimen, es sind natürlich nicht die, die von Israel- und Judenhass geprägt sind.

Haben Sie eine Idee, wie man die muslimischen Jugendlichen erreichen kann?

Nein. Sie sind aufgehetzt. Sie haben sich ein Bild gemacht von uns Juden, wie wir leben und wer wir sind. Sie haben ihre geschlossene Gesellschaft, zu der ich keinen Zutritt habe. Und sie haben Millionen Unterstützer in Deutschland.
Wie wird es dann weitergehen mit dem Zusammenleben von jungen Muslimen, Juden und Christen in Deutschland?
In Deutschland leben etwa 200.000 Juden und mehr als fünf Millionen Muslime. Das ist ein großes Missverhältnis. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Radikalität bei Muslimen aus deren eigenen Herzen und Köpfen kommt. Die Radikalität ist indoktriniert. Ich frage mich schon: Warum bekämpfen sich Menschen eigentlich? Wir sind doch nur kurze Zeit auf dieser Erde. Zum gegenseitigen Respekt im Zusammenleben aller gibt es keine Alternative. Wir müssen miteinander reden. Immer wieder. Nie nachlassend.

Mit dem Ehrenvorsitzenden der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs sprach Brigitte Jähnigen.

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