Herr Rosenblatt, der Jugendkongress widmet sich diesmal dem 50. Jubiläum der deutsch-israelischen diplomatischen Beziehungen. Im vergangenen Jahr ging es um den wachsenden Antisemitismus in Europa. Bleibt bei den »schweren« Themen denn auch noch Platz für Spaß am Treffen?
Na klar. Neben den Workshops, Vorträgen und Podiumsdiskussion zu politischen Themen sollen sich die jungen Leute natürlich auch kennenlernen und alte Bekanntschaften auffrischen. Der gemeinsame Kabbalat Schabbat und die große Party am Samstagabend mit der Showband Muzika aus London bieten hierfür sicherlich den perfekten Rahmen. Mit weit über 400 Anmeldungen wird der Jugendkongress 2015 der bisher größte sein.
Bei der Podiumsdiskussion am Sonntag wird die Frage nach der Zukunft jüdischen Lebens in Deutschland gestellt. Wie gehen denn junge Juden mit der Frage um?
Dies ist eine sehr wichtige Frage, die die jungen Leute stark beschäftigt. Mein persönlicher Eindruck ist, dass die junge Generation durchaus eine Zukunft für Juden in Deutschland sieht und sich deshalb stärker engagiert. Sie interessieren sich für Gemeindeführung, sind aber auch politisch aktiv. Das ist eine neue frische Welle, die ich in den vergangenen Jahren beobachtet habe.
Zum Thema Sicherheit: Machen sich junge Juden Sorgen?
Natürlich haben die letzten Ereignisse zu einer gewissen Verunsicherung geführt. Vielen jungen Gemeindemitgliedern wird nun bewusst, dass die Gefahr durch Islamisten auch in Europa und Deutschland größer wird.
Aber es hält sie nicht von einem Engagement in der Gemeinde ab?
Nein, ganz im Gegenteil. Es motiviert sie, aktiver zu sein. In Deutschland wurden jüdische Einrichtungen schon immer bewacht. Die Polizei steht vor der Tür, ob nun Synagoge oder Gemeindeeinrichtung – das war und ist unser Alltag. In anderen europäischen Ländern mag das anders ein. Dort sitzt der Schock tiefer. Ich habe das Gefühl, dass jüdische Jugendliche und junge Erwachsene durch die Anschläge sogar deutlich motivierter sind, der Welt zu zeigen, dass wir eine starke und präsente Gemeinschaft sind.
Sie selbst kommen aus Israel. Wie stark ist die Bindung junger Diasporajuden, die dort keine Verwandten haben, an das Land?
Vielleicht nicht so stark wie meine eigene, aber doch auf eine andere Weise präsent. Viele Zuwanderer haben zunächst eine stärkere Bindung an die jüdischen Gemeinden. Gerade in Zeiten eines wachsenden Antisemitismus und Antiisraelismus, wie wir ihn im vergangenen Sommer erleben mussten, merken die Zuwanderer jedoch, dass die Beziehung zu Israel für sie sehr wichtig ist. Die ZWST legt viel Wert darauf, die Verbindung der jüdischen Jugendlichen mit Israel zu stärken, wie zum Beispiel bei unseren Machanot oder Taglit-Reisen für Studenten.
Beim Kongress geht es auch um das Thema Wehrdienst. Wie relevant ist das für junge Juden?
Es gibt jüdische Jugendliche, die sich für einen Dienst in der israelischen Armee oder der Bundeswehr entscheiden. Die Anzahl derjenigen, die es vorziehen, in der IDF zu dienen, ist jedoch deutlich größer. Dies weist darauf hin, dass die Verbindung zu Israel zunehmend wichtiger wird.
Mit dem Jugendreferenten der ZWST sprach Ayala Goldmann.