Herr Yedovitzky, wie sieht die Bilanz 2013 der Jewish Agency in Deutschland aus?
Wir haben ein sehr erfolgreiches Jahr hinter uns, mit vielen neuen Programmen. Dazu zählt Nevatim, mit dem wir Initiativen und Ideen junger jüdischer Erwachsener fördern. Auch Morim möchte ich erwähnen, ein Förderprogramm für jüdische Jugendbildung, bei dem Gemeinden und jüdische Organisationen die Themen ihrer schulischen Bildung ausbauen und erweitern können. Wir haben mit unseren Angeboten mehrere Tausend junge Menschen erreicht, allein an unserer PT-Convention, einem Treffen in Warschau im November, haben rund 300 junge Erwachsene aus Deutschland teilgenommen. Auch unsere Programme in Israel sind stark nachgefragt: Masa, Taglit, Onward, Wahl.
Wie steht es mit der Alija?
Etwa 120 Menschen sind 2013 von Deutschland nach Israel gegangen, haben Alija gemacht. Die Zahlen sind im Vergleich zu den vergangenen Jahren mehr oder weniger unverändert. Es ist nicht so wie in Frankreich oder anderen europäischen Ländern, wo es einen erheblichen Anstieg gab.
Wie erklären Sie sich das?
Ich denke, dass wir derzeit in der Bundesrepublik eine andere Situation erleben als in manchen europäischen Nachbarländern. Gott sei Dank. Ich weiß nicht, was morgen sein wird. Junge Juden in Deutschland leben heute in einer Welt, die ihnen viele Möglichkeiten gibt. Sie suchen hier nach Sinn und Bedeutung im Leben. Wir sind dazu da, ihnen die jüdische Option aufzuzeigen, die eine unglaublich große Bedeutung hat. Man muss dies nur entdecken, dabei wollen wir helfen. Dazu sind wir da.
Haben sich die Aufgaben der Jewish Agency verändert?
Einst war die Förderung der Alija unser Hauptziel. Inzwischen sind unsere Aufgaben vielfältiger. Selbstverständlich sind wir froh über jeden Einzelnen, der Alija macht. Wir denken auch, dass unsere Bemühungen zumindest einen Teil von ihnen dazu gebracht hat, über eine Zukunft in Israel nachzudenken. Aber unsere Aktivitäten konzentrieren sich nun mehr darauf, die jüdische Identität der jungen Menschen zu stärken. Einen Teil von ihnen wird das veranlassen, irgendwann einmal Alija zu machen. Andere werden in ihrer Gemeinde oder den zahlreichen jüdischen Organisationen aktiv. Es gibt auch jene, die keine Alija machen und sich auch nicht in einer Gemeinde engagieren wollen, aber die vielleicht bei einer unserer Veranstaltungen ihren Partner kennengelernt haben, und die dann eine jüdische Familie gründen, ihre Kinder in jüdischer Tradition erziehen – auch das ist uns willkommen.
Die Jewish Agency engagiert sich also für die Stärkung der jüdischen Zukunft in Deutschland?
Wir sehen unsere Aufgabe vorrangig darin, die jüdische Identität zu stärken. Das Ergebnis ist eine stärkere Bindung zur Gemeinde und dem lokalen jüdischen Leben. Dieses Ziel drückt sich vor allem in der Kooperation mit vielen Gemeinden und Organisationen aus. Dass die Stärkung der jüdischen Identität einen Menschen dazu veranlassen kann, nach Israel zu gehen, ist Realität. Aber ohne eine Stärkung der jüdischen Identität gäbe es eben auch keine Stärkung der Gemeinden. Wir sind Partner der Gemeinden. Ohne sie könnten wir auch im neuen Jahr unsere gemeinsamen Aufgaben nicht bewältigen.
Mit dem Direktor der Abteilung für Deutschland und Zentraleuropa der Jewish Agency sprach Detlef David Kauschke.