Interview

Fünf Minuten mit...

Herr Rabbiner, es gibt einige Irritationen, nachdem sich in Berlin ein neues Beit Din vorgestellt hat. Gemeindemitglieder fragen jetzt, an welches orthodoxe Rabbinergericht sie sich denn nun wenden können.
Seit etwa acht Jahren gibt es das Beit Din der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD). Wir verfügen also über eine langjährige Erfahrung und sind auch in der Lage, auf die Besonderheiten des hiesigen Judentums in allen Fragen – Familienrecht, Übertritte, Scheidungen – einzugehen. Dieses Rabbinatsgericht arbeitet erfolgreich mit dem Oberrabbinat des Staates Israel zusammen. Es ist das einzige orthodoxe Rabbinatsgericht, das von dieser Institution, die zugleich eine sehr hohe richterliche und halachische Autorität darstellt, für Deutschland anerkannt ist. Dies haben wir schriftlich.

Das Berliner Beit Din betont, es werde von jeder rabbinischen Instanz anerkannt.
Das kann ich nicht beurteilen. Ich kann nur wiederholen, dass wir als einziges orthodoxes Beit Din in Deutschland vom Oberrabbinat des Staates Israel anerkannt werden. Wenn ein Mensch zum Beispiel einen Giur machen will oder an Scheidung denkt, dann müssen Dokumente eingereicht und in Israel bewertet werden. Israels Oberrabbinat wünscht sich, dass dies in Deutschland über eine Institution geschieht, über die ORD, damit es eine gewisse Übersicht gibt und es nicht zu unnötigen Komplikationen kommt.

Verstehen Sie das Berliner Beit Din als Konkurrenz oder Ergänzung zum ORD-Rabbinatsgericht?
Ich möchte weder von Konkurrenz noch von Ergänzung sprechen. Es ist das Recht von Chabad Lubawitsch, in Berlin ein eigenes Beit Din zu errichten. Aber die Frage bleibt, ob es wirklich die Notwendigkeit gibt, wenn sich schon seit Jahren ein Beit Din mit Erfolg um alle halachischen Fragen kümmert.

Ist es also falsch, wenn das Berliner Beit Din sagt, es sei kein spezifisches Chabad-Angebot?
Wie gesagt, es ist das gute Recht von Chabad, hier in Deutschland verschiedene religiöse Aktivitäten auf allen Ebenen zu entwickeln. Wir haben kein schlechtes Verhältnis, wir strecken unsere Hand aus. Wir sind nicht mehr das alleinige orthodoxe Beit Din hier, aber wir sprechen nicht von besser oder schlechter. Wir wollen einander respektieren und achten. Die Orthodoxe Rabbinerkonferenz ist offen für alle jüdischen Menschen, egal zu welcher Strömung sie gehören. Wir haben niemals unterschieden, wir kümmern uns um jeden, nicht nur um eine bestimmte Gruppierung. Und wir verstehen, dass es in Deutschland auch mehrere Richtungen jüdisch-orthodoxen Lebens gibt und geben soll. Damit haben wir kein Problem. Aber wir müssen die Fakten richtig darstellen.

Inwiefern?
In der Vergangenheit war es immer so, dass wir vor dem Beit Din auch Fälle behandelt haben, die von Chabad-Rabbinern zu uns geschickt wurden. Deshalb sind wir auch so überrascht, dass es ein zweites Beit Din geben muss. Es wurde von Chabad-Rabbinern ins Leben gerufen, es tagt bei Chabad in Berlin, insofern kann man hier wohl durchaus von einem Chabad-Rabbinatsgericht sprechen.

Dieses argumentiert, dass es aufgrund der Größe der Berliner Gemeinde von Vorteil sei, auch ein festes Beit Din in der Stadt zu haben.
Das Beit Din der ORD hat erst kürzlich in Berlin getagt. Es kommt je nach Bedarf zusammen, mehrere Male im Jahr. Und das nicht nur in Berlin, sondern auch in München, Köln und vielen anderen Städten. Wir versuchen, in verschiedenen Regionen zu tagen, damit die, die das Beit Din anrufen, nicht so weite Wege haben. Es ist uns wichtig, dass wir damit den Kontakt zu den lokalen Rabbinern stärken können. Insofern ist unser Angebot auch regional gut abgedeckt. Sollten wir feststellen, dass unser Beit Din öfter in Berlin tagen soll, wäre das kein großes technisches und organisatorisches Problem. Aber diese Anforderung hat sich bis heute nicht ergeben.

Mit dem Düsseldorfer Gemeinderabbiner und ORD-Vorstandsmitglied sprach Philipp Peyman Engel.

Porträt der Woche

Austausch mit Gleichen

Maria Schubert ist Gemeindesekretärin in Magdeburg und tanzt gern

von Alicia Rust  18.04.2025

Feiertage

Hymne auf die Freiheit

Der Alexander-Moksel-Kindergarten führte im Gemeindezentrum ein Pessach-Musical auf

von Vivian Rosen  17.04.2025

Berlin

Mazze als Mizwa

Das Projekt »Mitzvah Day« unterstützt die Berliner Tafel mit einer Lebensmittel-Spende

von Katrin Richter  17.04.2025

Berlin

Berlin: Gericht bestätigt fristlose Kündigung von Rabbiner

Das Berliner Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung eines Rabbiners wegen sexueller Belästigung eines weiblichen Gemeindemitglieds bestätigt

 16.04.2025

Jewrovision

»Schmetterlinge im Bauch«

Nur stilles Wasser trinken, noch einmal gut essen, dann geht es auf die Bühne. Die Moderatoren Masha und Gregor verraten, wie sie sich vorbereiten und mit dem Lampenfieber umgehen

von Christine Schmitt  16.04.2025

München

Hand in Hand

Ein generationsübergreifendes Social-Media-Projekt erinnert an das Schicksal von Schoa-Überlebenden – Bayern-Torwart Daniel Peretz und Charlotte Knobloch beteiligen sich

von Luis Gruhler  15.04.2025

Literatur

Die Zukunft Israels hat längst begonnen

Der Schriftsteller Assaf Gavron stellte im Jüdischen Gemeindezentrum seinen aktuellen Erzählband vor

von Nora Niemann  14.04.2025

Porträt der Woche

Eigene Choreografie

Galyna Kapitanova ist IT-Expertin, Madricha und leitet eine Tanzgruppe

von Alicia Rust  14.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025