Herr Rabbiner, welche Ausrichtung hat Ihr Seminar, welches Wissen und welche Werte werden vermittelt?
Wir sind die Nachfolgeeinrichtung des Hildesheimerschen Seminars, haben den gleichen Namen und werden von den Nachfahren der damaligen Lehrkräfte unterstützt, einschließlich der Familie Hildesheimer. Unser Ethos besteht darin, junge Rabbiner zu befähigen, unveränderliche Werte und ein entschlossenes Festhalten an der Halacha in zeitgemäßer Sprache zu vermitteln. Dazu bedarf es eines rigorosen Studiums der traditionellen Texte, der rabbinischen Schriften und akademischer Ausbildung.
Wie viele Studenten sind derzeit eingeschrieben?
Gegenwärtig haben wir acht Studenten. Das Aufnahmeverfahren verläuft sehr gründlich, sodass die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass die meisten Studenten auch zu Ende studieren. Bisher hatten wir nur einen einzigen Studienabbrecher.
Ist das Curriculum so anspruchsvoll, wie es einige Stundenten meinen?
Die mündlichen Prüfungen durch unseren Rektor sind berühmt für ihre Gründlichkeit. Die Grundanforderungen beim Studium von Talmud und Halacha haben bei uns ein vergleichbares Level mit weltweit führenden Rabbinerschulen. Die große Anzahl ergänzender Fächer und Studien, unter anderem Recht, Liturgie, jüdische Geschichte, Rhetorik, Public Relation, Projektmanagement und Sozialpädagogik ergibt zusammen mit den Praktika ein wirklich forderndes Programm.
Im letzten Jahr gab es überhaupt keine Ordination, jetzt auf einen Schlag vier.
Das Seminar hat die Abschlüsse der Jahre 2011 und 2012 zusammengefasst. Wir finden es nicht nötig, jedes Jahr ein großes Event abzuhalten. Die Einrichtung zieht es vor, gute inhaltliche Arbeit zu tun, ohne es immer lautstark nach außen zu bringen.
Ist die Finanzierung des Hildesheimerschen Seminars schon langfristig abgesichert?
Nein. Wir hoffen, dass das Bundesinnenministerium den Wert unserer Einrichtung für dieses Land erkennt und damit beginnt, uns direkt zu unterstützen, so wie es dies für das Abraham Geiger Kolleg tut. Das würde nicht nur die Zukunft unseres Rabbinerseminars auf eine solidere Grundlage stellen, sondern auch die Rolle der Bundesregierung als einer neutralen und die jüdischen Strömungen gleichberechtigt unterstützenden Institution hervorheben. Im Moment tut der Zentralrat alles in seinen Kräften Stehende, um unseren Lehrbetrieb fortzusetzen und aufrechtzuerhalten, und dafür sind wir ihm zutiefst dankbar.
Rabbiner Joshua Spinner ist Gründungsdirektor des Rabbinerseminars zu Berlin und Vizepräsident der Ronald S. Lauder Foundation. Mit ihm sprach Olaf Glöckner.