Herr Ebbrecht, am 22. Januar beginnt das Paul-Spiegel-Filmfest in Düsseldorf. Es hat einen neuen Namen erhalten und mit Ihnen einen neuen Kurator. Was wird sich in der nun siebten Auflage ändern?
Jeder hat eine persönliche Handschrift und auch subjektive Interessen, die sich in der Programmauswahl zeigen. Ein Unterschied zu den Vorjahren wird sein, dass nun der Kinosaal teils auch verlassen wird, zum Beispiel für die zwei Konzerte, die im Rahmen des Festivals stattfinden.
Auf welche Programmpunkte freuen Sie sich persönlich am meisten?
Jeder Film ist etwas Besonderes, deshalb habe ich ihn ausgewählt. Ich freue mich unglaublich auf die Eröffnung, weil das der aufregendste Teil ist. Wir zeigen als Erstes den Film Married To The Marimba. Und auch der Musiker Alex Jacobowitz, um den es in dem Film geht, wird auftreten. Ich freue mich auch darauf, Life In Stills – einen Dokumentarfilm über einen Fotoladen in Tel Aviv – endlich auf einer großen Leinwand zu sehen, den kenne ich bisher nämlich nur von einem kleinen Bildschirm.
Wen will das Paul-Spiegel-Filmfest ansprechen?
Alle. Ich erwarte ein sehr heterogenes Publikum: Menschen, die selbst aus der jüdischen Gemeinschaft kommen, Menschen, die sich für das Judentum oder einfach nur für gute Filme interessieren. Kino steht für Sichtbarkeit, die soll auch das Festival aussenden: Schaut her, die Jüdische Gemeinde in Düsseldorf macht ein Festival und möchte in einen Dialog treten. Ich möchte aber keine Botschaft vermitteln, sondern versuchen, den Facettenreichtum Israels darzustellen.
Wie sind Sie als Berliner dazu gekommen, ein Festival in Düsseldorf zu kuratieren?
Ich bin in Düsseldorf geboren. Der Kontakt zur Jüdischen Gemeinde kam zustande, als ich für meine Forschungsarbeit über die filmische Erinnerung über die Schoa dort einen Studientag veranstaltet habe. Im Anschluss daran wurde ich dann gefragt, ob ich das »Paul Spiegel Filmfest – Jüdische Welten« kuratieren möchte. Ich habe gerne zugesagt, denn es ist eine neue Erfahrung, ich liebe Filme und interessiere mich für jüdisches Leben.
Woher stammen denn Filme mit jüdischen Themen, wenn sie nicht aus Israel kommen?
Außerhalb Israels ist es in der Tat Glückssache. Es gibt immer wieder in verschiedenen Ländern Regisseure, die sich jüdischer Themen annehmen. Doch wenn das zum Beispiel in Osteuropa oder Südamerika passiert, wird es manchmal schwierig, von der Existenz dieser Filme zu erfahren. Und dann gibt es darunter auch noch welche, die sich mit sehr speziellen Themen des Judentums befassen, die für das Publikum eines Filmfestivals vielleicht nicht so spannend sind.
Wie sind Sie dazu gekommen, sich mit israelischen Filmen und jüdischen Themen im Film zu beschäftigen?
Durch das Interesse an Israel und der Gesellschaft dort. Es entstand bei Reisen durch das Land, durch das Kennenlernen von Menschen und die Feststellung, dass die Bilder im Fernsehen die Widersprüchlichkeit und Vielfältigkeit der israelischen Gesellschaft gar nicht abbilden können. Durch das israelische Kino wird ein viel facettenreicheres Bild präsentiert. Außerdem beschäftige ich mich seit Jahren mit dem Thema des Umgangs mit der Schoa im Film. Ich habe zum Thema meine Doktorarbeit »Geschichtsbilder im medialen Verständnis« geschrieben. Dieser Hintergrund wird sich auch im Festival niederschlagen. Es war mir wichtig, mit Wunderkinder auch einen Film ins Programm zu nehmen, der sich mit der Schoa auseinandersetzt.