Herr Waldmann, die jüdische Gemeinschaft in Rheinland-Pfalz soll mehr Geld vom Land erhalten, freuen Sie sich?
Die Regierung hat sich in den letzten Jahren sehr um uns bemüht. Ich bin froh, das feststellen zu können. Das Land hat die Synagoge in Mainz mitfinanziert und jetzt die in Speyer und sieht vor, die Unterstützung durch den Staatsvertrag auf 550.000 Euro zu verdoppeln. Und das, obwohl es in anderen Bereichen, wie etwa der Kultur, nur kürzt. Wir müssen da sehr dankbar sein. Das macht für uns die Aufgabe nicht leichter, zu argumentieren, mehr Geld zu bekommen.
Was geben Sie als gewichtige förderwürdige Argumente an?
Wir sind in einem Flächenland. Das heißt, wir haben zwar relativ wenige Mitglieder, nämlich etwas über 3.000 in fünf Hauptgemeinden. Aber viele dieser Gemeinden sind Verbände, wie etwa der der Rheinpfalz, der eigentlich aus drei Gemeinden in Speyer, Ludwigshafen und Kaiserslautern besteht. Für alle müssen wir Gottesdienste und ein Mindestmaß an jüdischem Leben sichern. Wir befinden uns in einer soziologischen Krisensituation.
Trotzdem muss die Aufstockung doch ein bisschen Luft verschaffen?
Sie verschafft uns natürlich ein bisschen Luft, wenn man etwa das Beispiel Mainz nimmt. Mainz hat jetzt mit der neuen Synagoge zusätzliche Aufgaben. Um das Gebäude »bespielen« zu können, haben wir jetzt etwas mehr Geld. Dass natürlich die Mittel nie ausreichen, ist auch klar.
Wird es einen Rabbiner für Mainz geben?
Wir dürfen den Rahmen nicht überspannen und müssen mit dem Geld auskommen. Wir dürfen kleinen Gemeinden, die sowieso wenig Geld haben, nicht noch Anteile kürzen, um einer anderen Gemeinde einen Rabbiner zu finanzieren.
Die Landesmittel sollen ja Gemeinden zugutekommen, die den Körperschaftsstatus besitzen. Wie sieht es dann mit der Korovai-Gemeinde in Speyer aus?
Wir versuchen, mit dem Staatsvertrag juristisch zu klären, dass wir für die Neugründungen nicht mehr verantwortlich sind. Ich halte sie auch für absolut problematisch – nicht aus einem inhaltlichen, sondern aus einem soziologischen Grund. Wir haben zu wenige Mitglieder für zu viele jüdische Gemeinden. Die zweite Gemeinde in Speyer ist nur ein Beispiel, man könnte aber auch andere nennen. Die Tendenz zur Zersplitterung ruiniert uns. Ich möchte hier die Jugendarbeit nennen. Sie können Jugendarbeit bei Gemeinden mit 200 Mitgliedern und bei dem Altersdurchschnitt, den wir haben, kaum erfolgreich gestalten.
Die Delegiertenversammlung soll über die Mittelvergabe entscheiden. Wie soll das aussehen?
Unsere Gemeinden haben unterschiedliche Probleme. Die werden schon jetzt in der Delegiertenversammlung ganz offen besprochen. Die einzelnen Gemeinden diskutieren mit mir zusammen den Haushalt. Der Rest nach Abzug der Mittel für den Landesverband wird dann auf die Gemeinden verteilt.
Und wo werden die Mittel eingesetzt?
Wir versuchen, mit dem Geld über das normale Maß hinaus in Rheinland-Pfalz der Verpflichtung nachzukommen, das Judentum, das gerade hier im Land eine große Tradition hat, würdig zu vertreten.
Mit dem Vorsitzenden des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz sprach Heide Sobotka.