Meine Hoffnungen bei der Makkabiade sind groß. Wir spielen zwar gegen die israelische Nationalmannschaft, und die USA als möglicher Gegner ist auch sehr stark, aber unser Ziel ist dennoch eine Medaille! Meine erste Begegnung mit der Makkabiade war 2011, da war ich bei den European Games in Wien als Schwimmer dabei. Auf kurzen Strecken kann ich relativ schnell schwimmen.
Aber als ich dort sah, dass andere Nationen eine Wasserball-Mannschaft stellen, kam die Idee auf, auch eine deutsche Mannschaft zu gründen. Ich habe dann das Zepter in die Hand genommen und es probiert. 2013 war ich erst noch einmal in Israel als Schwimmer dabei, aber für die Makkabiade in Berlin bei den European Games 2015 konnte ich eine Wasserball-Mannschaft organisieren. Es war das erste Mal, dass Makkabi Deutschland eine Mannschaft in dieser Sportart stellte.
mannschaft So ein Team aufzustellen, ist ein langwieriger Prozess, der mit viel Fleiß verbunden ist. Ich kannte nur zwei oder drei jüdische Wasserballspieler, die selbst wiederum welche kannten. Und auch die Scouting-Abteilung von Makkabi hat ein oder zwei Spieler gefunden. Mittlerweile besteht die Mannschaft aus 13 Spielern. Das ist die gängige Größe eines Kaders und wichtig. Denn während eines Spiels sind zwar immer sieben Spieler im Wasser, aber wie beim Basketball kann die ganze Zeit ausgewechselt werden. Und das ist nötig, weil es sehr anstrengend ist, im Wasser ständig in Bewegung zu bleiben.
Unsere Makkabi-Mannschaft trainiert zweimal im Jahr. Es ist ziemlich schwierig, Termine dafür zu finden: Wir sind weit über Deutschland verteilt, von Freiburg bis Berlin, alle spielen selbst auch in einer Liga und arbeiten oder studieren. Bisher war ich gleichzeitig Trainer, Betreuer und Spieler. Doch der Trainerjob ist nicht so meins, ich spiele lieber. Und es war auch schwierig, im Wasser zu sein und gleichzeitig zu gucken, wer ausgewechselt werden will oder welche Fehler jeder Einzelne macht. Das war suboptimal. Aber seit etwa einem halben Jahr haben wir endlich auch einen Trainer, was ein großer Vorteil ist.
training Ich trainiere seit meiner Kindheit in einem Wasserballverein in Wuppertal. Heute spielen wir in der zweiten Bundesliga. Die Spiele dafür sind am Wochenende, und unter der Woche trainieren wir vier Mal. Das ist schon ein hoher Aufwand. Aber Wasserball ist nun einmal ein trainingsintensiver Sport. Die Spielzeit ist relativ lang, das heißt, ein Spiel dauert am Ende eine Stunde und 20 Minuten. Und du kannst im Wasser nicht stehen, Schwimmen ist anstrengender als Laufen – also brauchst du eine gute Kondition!
Die richtige Ernährung ist in der Mannschaft eigentlich auch ein Thema. Ich achte schon darauf, mich sportlich zu ernähren. Aber ich bin nicht übermäßig professionell eingestellt und ein guter Esser – es darf also auch mal fettig sein. Doch ich gehe langsam auf die 30 zu und merke, dass mein Stoffwechsel nicht mehr der alte ist. Das bereitet mir ein wenig Sorgen, und mit Freunden scherze ich, dass das der Anfang meiner Midlife-Crisis ist.
Für mich ist Wasserball ein gutes Ventil, weil er sehr körperbetont und kontaktfreudig ist. Und auch das Soziale dabei ist mir sehr wichtig. Für mich ist der Kontakt mit meiner Wuppertaler Mannschaft sehr familiär, weil wir uns schon so lange kennen. Meine besten Freunde sind dort. Das ist einfach klasse, egal was ist, wir sind füreinander da. Wie besonders das ist, merke ich jetzt, da die Ersten von uns heiraten und Kinder bekommen.
Der Sport mit Makkabi ist aber noch einmal etwas anderes. Die Maccabiah in Israel etwa war die coolste Sportveranstaltung, die ich bisher erlebt habe. So viele Nationen nahmen daran teil, und supergute Sportler machten mit. Ich bin zum Beispiel gegen Olympiateilnehmer aus den USA geschwommen! Das ganze Ambiente ist besonders: die Events, das Zusammenleben mit der Delegation, die Menschen, die ich kennengelernt habe und als Freunde gewinnen konnte. Es ist das Internationale und das Jüdische, das mir daran so gefällt. Mir war es deshalb sehr wichtig, dass die Spieler der Mannschaft auch wirklich jüdisch sind.
familie Geboren wurde ich in Moskau. Mit drei Jahren kam ich nach Wuppertal – mit meinen Eltern, meinem älteren Bruder und meinen zwei Omas. Meine Opas waren zu der Zeit bereits verstorben. Weil meine Eltern einen Sprachkurs besuchten, habe ich zu Beginn sehr viel Zeit mit meiner Oma verbracht. Fast zwei Jahre lang war meine Oma sozusagen meine Ersatzmutter, und ich habe eine sehr enge Bindung zu ihr aufgebaut. Aber ich ging auch sofort in den Kindergarten und konnte mich auf diese Weise sehr schnell integrieren. Das mit der Sprache ging dann ziemlich fix, und heute spreche ich Deutsch und Russisch fließend. Für meinen Bruder, der zehn Jahre älter ist als ich, war es etwas schwieriger.
Ich fühlte mich von Anfang an sehr wohl in Deutschland und bin heute sehr froh, dass ich hier bin. Ich hatte eine super Kindheit, sehr behütet, es fehlte an nichts. Dass ich dennoch einmal im Ausland leben werde, schließe ich nicht aus, so sehr hält mich Deutschland nicht.
Mein Onkel war damals und ist bis heute Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Wuppertal. Wir waren also auch in der Gemeinde aktiv, ich sang als kleiner Junge sogar im Kinderchor. Aber mit zunehmender Intensität im Sport ließ damals mein Engagement in der Gemeinde nach. Und auch, wenn ich es nicht jeden Freitag in die Synagoge schaffe, gehe bis heute gerne dorthin. Mir geht es dabei vor allem um die Gemeinschaft und das jüdische Feeling. Denn ich weiß, dass ich jüdisch bin, ich identifiziere mich mit diesem Glauben, aber bin dennoch nicht besonders religiös.
beruf Seit eineinhalb Jahren arbeite ich im technischen Vertrieb einer Firma, die Anlagen zur Stahlverarbeitung herstellt. Für den Job bin ich viel im Ausland und versuche, dort Kunden von der Technik unserer Anlagen zu überzeugen. In dieser Firma habe ich bereits eine Ausbildung zum technischen Zeichner gemacht.
Nach meinem Abitur waren meine Eltern sehr dafür, dass ich mich mit etwas anderem beschäftige als nur Wasserball. Meine Eltern sind beide Akademiker – Ingenieure – und haben mir gewissermaßen das technische Interesse in die Wiege gelegt. Sie haben mir gezeigt, dass ich von Zahlen nicht abgeschreckt sein muss. So war die Ausbildung für meinen Werdegang die richtige Entscheidung.
Ich war als Jugendlicher manchmal etwas rowdyhaft unterwegs und brauchte erst einmal eine gewisse Disziplin. Die Ausbildung hat mich eingefangen. Später war mir klar, dass ich meine Bildung mit einem Studium vervollständigen möchte. Mein Maschinenbaustudium in Düsseldorf konnte ich dann sehr ernsthaft beginnen. Meine Arbeit heute macht mir viel Spaß.
wakeboard Neben der Arbeit und meinem Wasserballsport habe ich seit zwei Jahren ein neues Hobby: Wakeboard. Das ist wie Snowboardfahren, nur auf dem Wasser. Ein Freund feierte seinen Geburtstag an der Wasserskibahn in Langenfeld, und dort habe ich das probiert und fand es sofort toll. Als Jugendlicher bin ich gerne Skateboard gefahren und war daher mit dem Brett schon etwas vertraut. Nicht einmal zwei Monate vergingen, da habe ich mir komplettes Equipment gekauft. Das ist schon sehr teuer, ich habe mir also einen Teil zum Geburtstag gewünscht und auch einiges mit Ersparnissen finanziert.
Wakeboard zu fahren, ist, ebenso wie Wasserball zu spielen, eine Art Ventil für mich: Ich fahre zwei Stunden, und es ist wie ein Kurzurlaub. Für mich bedeutet es ein ganz großes Freiheitsgefühl. Denn Wasserball ist über die Jahre auch zu einer Verpflichtung geworden, weil ich meine Mannschaft nicht hängen lassen möchte und auch weiß: Ich brauche die Trainingseinheit, um später anständig zu spielen. Ich kann mich an meinen freien Tagen spontan entschließen, nach Langenfeld zum Wakeboarden zu fahren, und genieße die Zeit dann sehr.
Die wenige Zeit, die sonst noch bleibt, verbringe ich gern mit Freunden und meiner Familie. Ich finde, die Woche hat einfach nicht genug Tage.
Aufgezeichnet von Naomi Bader