Es gibt ein Sprichwort, sagt der Düsseldorfer Unternehmer Amir Fass, das ungefähr so geht: »Die Israelis wissen, wie man das Flugzeug startet, und die Deutschen, die wissen, wie und wo das Flugzeug landet.« Wenn beide Seiten zusammenarbeiten, dann können daraus nicht nur interessante Projekte entstehen, sondern dann begegnen sich Menschen, lernen voneinander und freunden sich vielleicht sogar an.
Um vor allem die Freundschaft zwischen Deutschland und Israel zu feiern, ist am Montagvormittag der nordrhein-westfälische Landtag in Düsseldorf für eine Stunde zum 75. Jahrestag der Staatsgründung Israels zusammengekommen.
Neben Vertreterinnen und Vertretern des Landesparlaments waren vor allem Repräsentantinnen und Repräsentanten des jüdischen Lebens in Nordrhein-Westfalen geladen, wie der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Abraham Lehrer, der Vorsitzende des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein, Oded Horowitz, und der Vorsitzende des Landesverbands Westfalen-Lippe Zwi Rappoport zum Festakt.
BALLETT-WORKSHOP Musikalisch festlich ging es auch los, denn das Else-Ensemble mit Shelly Ezra an der Klarinette und Naaman Wagner am Klavier interpretierte eine »Fantasie für Klarinette und Klavier« der Musikerin Sarah Feigin und trug auch während des Festakts immer wieder zu musikalisch leichten Pausen bei. Denn inhaltlich hatte die Feierstunde einiges zu bieten: allein die lange, bis ins Jahr 321 zurückreichende jüdische Geschichte der Stadt Köln, die Geschichte des Zionismus im frühen 20. Jahrhundert, sportliche Begegnungen wie die des Fußballvereins Borussia Mönchengladbach in Israel oder ein Ballett-Workshop mit dem Dortmunder Theater in Tel Aviv. Alles das sind Beispiele für eine starke Freundschaft.
Dazu gehört aber auch die Verantwortung Deutschlands für die Verbrechen der Nationalsozialisten. In seiner Rede dankte der Präsident des Landtags, André Kuper, daher dem Staat Israel und seinen Bürgerinnen und Bürgern, »dass unsere Länder nach dem Menschheitsverbrechen Nazideutschlands an den Juden Freunde werden konnten. Die Aussöhnung zwischen unseren Völkern ist nach wie vor ein Wunder. Wir werden alles dafür tun, diese Freundschaft zu bewahren.« Die staatliche Souveränität Israels sei Fundament des demokratischen Staatsverständnisses in Nordrhein-Westfalen. Wer in seiner Rede, betonte Kuper, den Zeigefinger sehen und das »Aber« hören wolle, den könne er »guten Mutes enttäuschen«: »Am Geburtstag wird gratuliert. Da hält man sich nicht gegenseitig vor, was vielleicht auch zu sagen ist und an anderer Stelle gesagt werden muss.« Die Begegnungen und Gespräche, sagte Kuper, die lasse sich dieses Land nicht mehr nehmen.
ABITUR Es sind Begegnungen wie die vielen Schüleraustausche, die es zwischen NRW und Israel gibt. Begegnungen wie die des Düsseldorfer Medizinstudenten Jacob Horowitz, der seine Abiturzeit in Israel verbringen durfte und, wie er in einem Einspieler bei der Feierstunde sagte, »total begeistert« von der Vielfältigkeit des Landes war. Denn wo kann man schon an einem Tag Ski fahren und eine Jeep-Safari im Negev machen? »Jeder, der nach Israel fliegt, findet sein eigenes Israel«, sagt Jacob Horowitz, der seit wenigen Tagen im Vorstand der JSUD ist.
CHAT Auch der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst, hat auf seiner Israel-Reise im März 2022 ein Land gesehen, das sich »vom Agrarstaat zur Start-up-Nation« entwickelte. »Auch unser Alltag wird von israelischen Erfindungen geprägt. Von der Tröpfchenbewässerung über den Chat, die Firewall, Multiple-Sklerose-Medikamente bis hin zum Mikrochip«, sagte der CDU-Politiker und betonte: »Nordrhein-Westfalen und Israel haben eine einzigartige Beziehung. Das jüdische Leben bei uns ist über Jahrhunderte gewachsen und hat die Entwicklung unseres Landes geprägt, wurde jedoch mit dem Menschheitsverbrechen der Schoa fast vollständig vernichtet.« Die Freundschaft der beiden Länder zeige: Hass könne überwunden werden. Aussöhnung sei möglich. Frieden müsse unser aller Ziel bleiben.
Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, forderte in seiner Rede die Unterstützung der Bundesrepublik bei der »Verteidigung Israels gegen Dämonisierung und Delegitimation« ein. Das Bekenntnis Deutschlands, wonach der Schutz Israels Teil der Staatsräson sei, müsse mit Inhalt und Leben gefüllt werden, so Prosor. Sonst stehe der Begriff nur als leere Parole. Prosor, der seinen ersten diplomatischen Posten in Bonner Stadtbezirk Bad Godesberg hatte, dem Ort, an dem auch seine Tochter zur Welt kam, verbindet viel mit dem Bundesland NRW. Sogar sein Büro, sagte Prosor bei der Feierstunde, beklage sich, dass er so oft in NRW sei. Zuletzt übrigens beim Karneval in Köln. Der habe ihn dahingehend beeindruckt, dass er der Redewendung »mixed feelings« endlich eine reale Situation zuordnen konnte, nämlich Schokolade von einem Wagen zu werfen, anstelle sie zu essen. Aber nicht nur aus diesem Grund kündigte Prosor an, den Karneval im Jahr 2024 in Düsseldorf verbringen zu wollen. Für diesen Vorsatz gab es im Landtag mindestens genauso viel Applaus wie nach der israelischen Nationalhymne, die vom Jugendchor des Düsseldorfer Albert-Einstein-Gymnasiums gesungen wurde.
Und wer jetzt noch überlegt, wohin die nächste Reise gehen könnte, sollte sich die Worte des deutsch-israelischen Kochs Tom Franz noch einmal anhören, denn der sagte: »Kommt alle her. Lasst uns was zusammen machen. Ihr seid alle herzlich eingeladen.«