Dialog

Flucht und Perspektiven

Gespräch im »Kreuzberger Himmel« Foto: Gregor Matthias Zielke

Im »Kreuzberger Himmel«wird geflüchteten Menschen auf ganz besondere Weise geholfen: Hier erhalten sie eine Gastronomie-Ausbildung und damit eine dauerhafte Bleibe-Perspektive. Hier erfahren sie Zugehörigkeit und Wertschätzung. Einen geeigneteren Ort für eine Gesprächsrunde zum Thema Flucht, die am Mittwoch der vergangenen Woche stattgefunden hat, hätte man also kaum finden können.

Eingeladen hatte das jüdisch-muslimische Dialogprojekt »Schalom-Aleikum« des Zentralrats der Juden in Deutschland. In einem Gespräch mit Publikumsbeteiligung unterhielt sich Moderatorin Shelly Kupferberg mit den beiden Gästen: Lena Gorelik, Schriftstellerin und Journalistin, und Michel Abdollahi, Publizist, Künstler, und TV-Journalist.

Beide sind 1981 geboren und beide haben eine Migrations- und Fluchtgeschichte, so zumindest werden sie angekündigt. Abdollahi widerspricht aber erst einmal: »Meine Familie ist nicht geflohen, sondern ganz normal von Teheran nach Frankfurt geflogen«. Zum Thema des Abends hat er dann aber doch etwas zu sagen. So war etwa die sogenannte Flüchtlingskrise 2015 auch für ihn eine Zäsur, die ihn politisierte und dazu anregte, über seine Herkunft und eigene Diskriminierungserfahrungen nachzudenken. Im Vergleich zu damals sei der Umgang mit den ukrainischen Geflüchteten heute vorbildhaft. Abdollahi ist sich sicher, »dass wir in den letzten sieben Jahren viel dazu gelernt haben«. Auch Lena Gorelik sieht viel Positives in der Art, wie die ukrainischen Geflüchteten in Deutschland willkommen geheißen werden.

Dass das auch in künftigen Krisen so laufen wird, bezweifelt sie aber. Gorelik ist in den 90er-Jahren als jüdischer Kontingentflüchtling nach Deutschland gekommen. Sie kennt das Gefühl, »verloren zu sein und nichts zu kennen«und engagiert sich bei der Initiative »Weiter Schreiben«. Als Tandem-Partner eines syrischen Literaten hilft sie ihm dabei, auch in Deutschland zu publizieren.

Immer wieder wurde an dem Abend kontrovers diskutiert – über die gegenwärtige Flüchtlingspolitik genauso wie über Prognosen für die Zukunft. Einig war man sich aber darüber, dass es noch mehr jüdisch-muslimischen Austausch braucht und dass man insbesondere bei der Jugend ansetzen muss, wenn man einen Wandel zum Besseren will. Es sei entscheidend, sagte Abdollahi, »immer wieder junge Leute zu ermuntern, sich für Diversität einzusetzen«. Joshua Schultheis

www.schalom-aleikum.de

Berlin

»Wir sind bitter enttäuscht«

Nach den höchst umstrittenen Wahlen in der Jüdischen Gemeinde zogen die Kritiker nun vor Gericht. Doch das fühlt sich nicht zuständig – und weist die Klage ab

von Mascha Malburg  15.01.2025

Forschung

Vom »Wandergeist« einer Sprache

Die Wissenschaftlerinnen Efrat Gal-Ed und Daria Vakhrushova stellten in München eine zehnbändige Jiddistik-Reihe vor

von Helen Richter  14.01.2025

Nachruf

Trauer um Liam Rickertsen

Der langjährige Vorsitzende von »Sukkat Schalom« erlag seinem Krebsleiden. Er war ein bescheidener, leiser und detailverliebter Mensch

von Christine Schmitt  14.01.2025

Porträt der Woche

Keine Kompromisse

Rainer R. Mueller lebt für die Lyrik – erst spät erfuhr er von seiner jüdischen Herkunft

von Matthias Messmer  12.01.2025

Familien-Schabbat

Für den Zusammenhalt

In den Synagogen der Stadt können Kinder und Eltern gemeinsam feiern. Unterstützung bekommen sie nun von Madrichim aus dem Jugendzentrum »Olam«

von Christine Schmitt  12.01.2025

Köln

Jüdischer Karnevalsverein freut sich über großen Zulauf

In der vergangenen Session traten 50 Neumitglieder dem 2017 gegründeten Karnevalsverein bei

 11.01.2025

Vorsätze

Alles neu macht der Januar

Vier Wochen Verzicht auf Fleisch, Alkohol und Süßes? Oder alles wie immer? Wir haben Jüdinnen und Juden gefragt, wie sie ihr Jahr begonnen haben und ob sie auf etwas verzichten

von Brigitte Jähnigen, Christine Schmitt, Katrin Richter  09.01.2025

Würdigung

»Vom Engagement erzählen«

Am 10. Januar laden Bundespräsident Steinmeier und seine Frau zum Neujahrsempfang. Auch die JSUD-Inklusionsbeauftragte Jana Kelerman ist dabei

von Katrin Richter  09.01.2025

Gedenktag

Uraufführung mit den »Violins of Hope«

Ein besonderes Konzert anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz hat sich das Rundfunk-Sinfonieorchester vorgenommen. Es interpretiert ein Werk für die Geigen, die die Schoa überstanden haben

von Christine Schmitt  08.01.2025