Yiddish Summer Weimar

»Flucht ist das zentrale Thema«

Der 16. Yiddish Summer Weimar wird an diesem Sonntag mit einem Konzert der »Voices of Ashkenaz« eröffnet. Dieses internationale Ensemble wird die gemeinsame Tradition jiddischer und deutscher Volkslieder neu interpretieren. Mit dabei sind internationale Künstlerinnen wie Sveta Kundish (Gesang), Deborah Strauss (Violine, Gesang), der Musiker Alan Bern (Akkordeon) und Ensembleleiter Andreas Schmitges (Gitarre, Mandoline, Gesang).

Der Eröffnung folgen fünf Wochen der Vermittlung und Weiterentwicklung jiddischer Kultur. Dieser Yiddish Summer findet für den künstlerischen Leiter Alan Bern »in einer ganz besonderen geschichtlichen Situation« statt. Flucht sei »die definierende Lebenssituation in Europa« und daher »das zentrale Thema«. Die Erfahrung, die Syrer derzeit machten, sei eine Erfahrung, mit der Juden seit Jahrhunderten vertraut sind.

Puppentheater Obwohl das Festival, das erstmals teilweise finanziell von der Kulturstiftung des Bundes gefördert wird, bereits seit anderthalb Jahren vorbereitet wurde, wird die Situation der Geflüchteten einfließen. Die New Yorker Regisseurin Jenny Romaine will die Geschichten der Menschen in ihre Inszenierung mit Mitteln des Straßen- und des Puppentheaters aufnehmen. Gemeinsam mit anderen Künstlern wird sie das 500 Jahre alte erste Werk der säkularen jiddischen Literatur nach einer Neuerzählung der mittelalterlichen Romanze um den Ritter Bevis wiedergeben.

»Bobe Mayses – Yiddish Knights and other Impossibilities« ist zugleich das Motto des diesjährigen Yiddish Summer. Die Verbindung zwischen jiddischer und europäischer Kultur soll auch diesmal wieder während der Konzerte, Tänze, Workshops und Jam-Sessions Tausende Besucher anlocken. Zudem kommen die Künstler für sechs Veranstaltungen in die Landeshauptstadt Erfurt.

Einer der Höhepunkte des diesjährigen Festivals dürfte die Tanzaufführung Gilgul sein. Gilgul bedeutet sowohl im Jiddischen als auch im Hebräischen »Verwandlung«. Europäische Tänzerinnen und Tänzer vom Ballett, Modern Dance und anderen zeitgenössischen Tanzrichtungen wurden eingeladen, diese Inszenierung mitzuentwickeln und zugleich den traditionellen jiddischen Tanz zu erforschen.

Semer-Ensemble Wie ambitioniert der Yiddish Summer Weimar vorbereitet wird, dieses Jahr erstmals gemeinsam mit dem Kunstfest Weimar, war bereits Ende Juni während eines Konzerts des Semer-Ensembles unter der Leitung von Alan Bern spürbar, bei dem die Musiker mit wiederentdeckten Liedern der 30er-Jahre begeisterten.

Das Semer-Ensemble erinnert mit den Werken an das letzte Plattenlabel, das unter den Nazis jüdische Musiker vermarktete, bevor es 1938 während der Pogromnacht vernichtet wurde. Thüringen etabliert sich zunehmend als Zentrum jiddischer und jüdischer Kultur. Denn auch das Achava-Festival findet hier statt, nachdem Intendant Martin Kranz Berlin den Rücken gekehrt hatte. »Es wird jedoch nie eine Fusion geben«, sagen sowohl Bern als auch Kranz. Dafür seien die Konzepte zu verschieden.

Programm und weitere Informationen unter www.yiddishsummer.eu

In eigener Sache

Zachor!

Warum es uns besonders wichtig ist, mit einer Sonderausgabe an Kfir, Ariel und Shiri Bibas zu erinnern

von Philipp Peyman Engel  11.03.2025 Aktualisiert

Militärseelsorge

Militärrabbiner Ederberg: Offenes Ohr für Soldaten im Norden

Arbeit bei der Bundeswehr sei Dienst an der Gesellschaft insgesamt, den er als Rabbiner gerne tue, sagt Ederberg

 11.03.2025

Buchvorstellung

Parallelen zum BDS-Boykott von heute

Andreas E. Mach untersuchte die Geschichte jüdischer Familienunternehmer in München

von Luis Gruhler  10.03.2025

Interview

»Wir reden mehr als früher«

Rabbiner Yechiel Brukner lebt in Köln, seine Frau Sarah ist im Herbst nach Israel gezogen. Ein Gespräch über ihre Fernbeziehung und eine Spendenkampagne für Familien israelischer Soldaten

von Christine Schmitt  10.03.2025

Antisemitismus

Rabbiner Pinchas Goldschmidt zu Vorfall in München: »Abschieben! Noch heute!«

Drei junge Syrer randalierten am Samstag vor dem jüdischen Gemeindezentrum - in ersten Reaktionen forderten Rabbiner harte Konsequenzen

 10.03.2025

München

Hilfe von »Ruth«

Der Jüdische Frauenverein ermöglicht Bedürftigen ein Leben in Würde

von Luis Gruhler  09.03.2025

Berlin

Des Nougats Kern

Yahel Michaeli lädt in ihrer Patisserie zu Kursen ein, in denen sie die Kunst der Schokoladen- und Pralinenherstellung lehrt. Ein Besuch zwischen Mousse und Callets

von Alicia Rust  09.03.2025

Dialog

Buber-Rosenzweig-Medaille wird am Sonntag in Hamburg verliehen

In diesem Jahr geht die Medaille an das Ehepaar Meron Mendel und Saba-Nur Cheema. An der Auszeichnung gab es im Vorfeld scharfe Kritik aus der jüdischen Gemeinschaft

 09.03.2025

Porträt der Woche

Die DNA verändern

Esther Deppe aus Bielefeld studiert Chemie und möchte in der Genforschung arbeiten

von Gerhard Haase-Hindenberg  08.03.2025