Makkabi

Finale!

Makkabi gewann gegen den FC Viktoria 89 mit 3:2. Zweikampfstark waren Shalva Ogbaidze (l.) vom FC und Doron Bruck von Makkabi. Foto: IMAGO/Matthias Koch

Auch wenn der Ball bekanntlich rund ist und der Pokal seine eigenen Gesetze hat, hätte wohl kaum jemand ernsthaft damit gerechnet, dass Makkabi Berlin in diesem Jahr im Finale des Berliner Landespokals stehen wird. Und nicht nur das: Gegner am 3. Juni wird Sparta Lichtenberg 1911 sein, ein klassischer Arbeitersportverein, der am 30. Juni 1911 vom damals 17-jährigen Wilhelm Wendt aus Rummelsburg gegründet worden war, weil der Junge der Älteste in seiner Mannschaft war. In den folgenden Jahren waren bei Sparta bekannte antifaschistische Sportler wie unter anderem der 1944 von den Nazis hingerichtete Ringer Werner Seelenbinder aktiv.

Am 14. Juli 1933 wurde der Verein von den Nazis zwangsaufgelöst. 1945 wurde er als SGr Lichtenberg Süd neu gegründet, seinen historischen Namen erhielt er im Jahr 1990 zurück.

WURZELN Den TuS (Turn- und Sportverein) Makkabi Berlin gibt es offiziell erst seit dem 26. November 1970, seine Wurzeln reichen jedoch bis ins Jahr 1898 zurück, als der jüdische Sportverein Bar Kochba gegründet wurde. 1914 konnte Bar Kochba in Friedrichsfelde in der Treskowallee 32 einen eigenen und vor allem selbst geschaffenen Sportplatz eröffnen, 2500 Zuschauer kamen damals zu dem feierlichen Ereignis. 1926 zog Bar Kochba nach Mariendorf um. Ab 1933 durften jüdische Vereine nur noch gegeneinander spielen, bis sie nach der Pogromnacht verboten wurden.

Heute hat der TuS Makkabi Berlin rund 500 Mitglieder, von denen längst nicht alle Fußball spielen. Aber alle werden sich gefreut haben, als das Pokalhalbfinale gegen FC Viktoria 1889 Berlin am 9. April endlich abgepfiffen wurde. Formal war die Begegnung eigentlich eine klare Sache gewesen: Viktoria spielt in der Regionalliga, also eine Klasse höher als Makkabi.

Das Match hatte kaum begonnen, als es dann aber auch schon 1:0 für Makkabi stand: Stürmer Caner Özcin erzielte nach einem beeindruckenden Solo im Strafraum des Gegners den Führungstreffer. Einfach so verlieren wollte Viktoria jedoch offensichtlich nicht, und so dauerte die Makkabi-Freude über das Tor auch nicht lange. Enes Küc schoss kurz darauf den Ausgleich. Makkabi hatte jedoch Glück und Viktorias Laurenz Diehl ausgesprochenes Unglück, denn er erzielte per Kopf ein Eigentor.

Nach der Pause passierte lange erst einmal nichts, aber in der ersten Minute der Nachspielzeit traf Caner Özcin, nach einer Vorlage von Patrick Lenz, erneut für Makkabi. Viktoria konnte durch Christopher Theisen zwar noch den Anschlusstreffer erzielen, aber dann war Schluss und der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte von Makkabi Berlin perfekt – über den sich nicht nur die Fans der Berliner freuten. Alon Mayer, Präsident von Makkabi Deutschland, sagte: »Das Herz von Makkabi Deutschland sind unsere Ortsvereine. Es erfüllt uns mit Stolz, dass Makkabi Berlin eine so unfassbare Saison spielt. Mazal tov!«

SAISON Und so ist davon auszugehen, dass das große Berliner Pokalfinale am 3. Juni eine ganze Menge Fans nicht nur aus Berlin anzieht. »Das bessere Pokalfinale«, titelte die »taz« über das kommende Spiel, denn beide Vereine sind stolz auf ihr multikulturelles, weltoffenes Erbe. Bei Makkabi geht derweil die Saison ganz normal weiter, am Wochenende konnte das Team um Trainer Wolfgang Sandhowe, der die Mannschaft seit der Saison 2019/20 betreut, den Rostocker FC auswärts mit 0:2 besiegen.

Natürlich sei die Freude über den Einzug ins Pokalfinale immer noch riesengroß, sagt Michael Koblenz, Vorstand von Makkabi Berlin, im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen. »Aber gleichzeitig bleiben wir auf dem Boden der Tatsachen, denn das Tagesgeschäft, also der normale Ligabetrieb, geht ja weiter«, betont er.

In der Liga stehen noch wichtige Spiele an. Ziel sei es, am Ende der Saison den »bestmöglichen Tabellenplatz« zu belegen – ganz aktuell ist es ein herausragender zweiter Platz. Erst im vergangenen Jahr war Makkabi Berlin von der Berlin-Liga in die NOFV-Oberliga Nord aufgestiegen und kickt seitdem in der fünfthöchsten deutschen Spielklasse.

Makkabi Berlin könnte im DFB-Pokal auf Bayern München treffen.

Obwohl der Aufstieg in die Regionalliga Nordost für Makkabi derzeit theoretisch möglich wäre, steht bereits fest, dass der Verein auch in der nächsten Saison in der Oberliga spielen wird. »Wir haben ganz bewusst keine Regionalliga-Lizenz beantragt«, erklärt Michael Koblenz. »Strukturell und auch finanziell wären wir auf einen weiteren Aufstieg in so kurzer Zeit nicht vorbereitet.« Man müsse eben realistisch bleiben, »man kennt doch so viele Vereine, die schnell aufstiegen und dann auch schnell wieder in der Versenkung verschwanden, dazu wollen wir nicht gehören«.

Das Pokal-Finale gegen Sparta Lichtenberg wird der große Höhepunkt in der Geschichte des TuS Makkabi Berlin, betont Michael Koblenz. Der Gewinner ist schließlich automatisch für die Teilnahme am DFB-Pokal qualifiziert, perspektivisch könnte Makkabi, etwas Losglück vorausgesetzt, dann auf ein Team der 1. Bundesliga treffen, sogar auf Rekordmeister Bayern München. Aber Michael Koblenz möchte davon lieber noch nicht träumen.

höhepunkt Natürlich sei die Aufregung unter den Spielern groß, »für viele wird das Pokalfinale der Höhepunkt der Karriere sein«, weiß er. Und gibt zu bedenken: »Das Ziel muss nun sein, dass wir als Mannschaft konzentriert bleiben.« Denn man müsse es einfach so sagen »wie es ist: Wir gehen als Favorit in das große Spiel, überheblich sein dürfen wir keinesfalls. Denn es hat einen Grund, warum Sparta Lichtenberg im Finale ist – Dynamo Berlin mit 5:1 zu schlagen, das schafft man nicht einfach so.«

Der Mai werde sozusagen der Vorbereitungsmonat für das Pokalfinale, verrät Kob­lenz noch. Und erlaubt sich dann doch Freude: »Wir sind ein moderner Verein, bei dem bunt gemixt alle Religionen und Hautfarben dieser Welt vertreten sind, und unser Erfolg macht uns natürlich besonders stolz.«

Auch für die jüdische Gemeinschaft sei das Finale ein wichtiges Ereignis, »wir sehen uns schließlich durchaus als eines ihrer Aushängeschilder«, sagt Michael Koblenz. »Dass es nicht immer nur im Fahrwasser des Holocaust oder aktueller antisemitischer Vorfälle um Juden geht, sondern auch bei etwas Positivem, wie eben dem Berliner Pokalfinale, ist schon etwas ganz Besonderes.«

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