Berlin

Film, Konzert, Zeitzeugengespräch

Foto: Thomas Dashuber

Als der Film Nacht und Nebel 1956 herauskam, schockierte er die Zuschauer so sehr, dass er bei den Filmfestspielen von Cannes nicht gezeigt werden sollte – trotz einer Nominierung. Denn die Bundesregierung intervenierte und argumentierte damit, dass dieser 32-minütige Streifen »die Atmosphäre zwischen Franzosen und Deutschen vergiften und dem Ansehen der Bundesrepublik schaden« könnte. Nach Protesten lief er außerhalb des Programms.

Diese Geschichte des ersten Dokumentarfilms über Auschwitz erzählte Daniel Grossmann, Leiter des Jewish Chamber Orchestra Munich (JCOM) am vergangenen Freitag in der Mendelssohn-Remise. Am 30. Januar wird das Werk der Regisseurs Alain Resnais in der Volksbühne ausgestrahlt, begleitet vom JCOM, das die Originalmusik von Hanns Eisler interpretieren wird.

Daniel Grossmann,
Foto: Folrian Jaenicke
Foto: Florian Jaenicke

CELAN Die deutsche Nachdichtung von Jean Cayrols Text aus der Feder Paul Celans wird der Schauspieler Theo Trebs rezitieren. Zum Zeitzeugengespräch hat Daniel Grossmann die Schoa-Überlebende Eva Umlauf eingeladen.

Eva Umlauf,
Foto: privat
Foto: privat

»Eine verlassene grüne Landschaft, von Stacheldraht durchschnitten«, beschreibt Grossmann den Anfang. Die Kamera zeigt bei schönem Wetter das nunmehr verfallene frühere deutsche Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Dazu hört man den Kommentar des französischen Überlebenden Jean Cayrol. Diesen Bildern stellte der Regisseur Wochenschau-Dokumente der Alliierten gegenüber.

1956 intervenierte die Bundesregierung in Cannes. Der Film könne »die Atmosphäre zwischen Franzosen und Deutschen vergiften und dem Ansehen der Bundesrepublik schaden«.

»Bis heute haben die Bilder nichts von ihrer Eindringlichkeit verloren«, sagt Grossmann. Vor der Ausstrahlung führt er ein Gespräch mit der Psychotherapeutin Eva Umlauf, die Auschwitz als Zweijährige überlebte. Mit dem Orchester verbindet sie, dass ihr jüngster Sohn früher als Cellist darin mitspielte.

SCHWEIGEN Der Film ist für sie eine wichtige Dokumentation. »Das Trauma wird ja weitergegeben«, sagt die Psychotherapeutin. Die erste Generation habe geschwiegen, die zweite habe sich nicht getraut zu fragen, das übernahm erst die dritte. »Und die vierte vergisst es?«, fragt Grossmann. Nein, dafür würden sie ja nun hier sein, damit das nicht passiert, erwidert Eva Umlauf.

1999 hegte Daniel Grossmann den Wunsch, dass die jüdische Gemeinde Münchens aus ihrem »Hinterhofdasein« herauskommen solle, damals gab es noch nicht die neue Synagoge. Also gründete er das Orchester. Zuerst war es eher ein Jugendorchester, mittlerweile spielen nur noch Profis mit.

Am Anfang standen überwiegend die Werke jüdischer Komponisten im Mittelpunkt. Doch mittlerweile widmet es sich jüdischen Themen wie beispielsweise Trauerritualen oder dem Neujahr. In dieser Saison stehen Fest-, Stummfilm- und Gesprächskonzerte sowie Musiktheater auf dem Programm.

Das JCOM wird laut Grossmann städtisch und staatlich gefördert. Es sei eine eigenständige Institution geworden, die sich als vielfältige, zeitgenössische jüdische Stimme verstehe. In diesem Jahr feiert es sein 15-jähriges Bestehen. »Jüdische Kultur soll für alle und jeden sichtbar sein, wir wollen sie hörbar und erlebbar machen.«

Makkabi

Aus der Sukka zur Maccabiah

Im kommenden Jahr erwartet die Makkabäer der große Wettbewerb in Israel. Nun kamen die Athletinnen und Athleten zum Training zusammen

von Stefan Laurin  31.10.2024

Virtual Reality

Virtuelle Charlotte Knobloch führt durch das München von 1938

In einem neuen Virtual-Reality-Projekt führt ein Avatar von Charlotte Knobloch durch München während der Pogromnacht 1938

von Christiane Ried  30.10.2024

Frankfurt

Raum für Debatten

Die Jüdische Akademie und die Goethe-Universität unterzeichnen einen Kooperationsvertrag. So wollen beide Institutionen die Verbundforschung stärken

von Doron Kiesel  30.10.2024

Staatsanwaltschaft Stuttgart

Anklage wegen Anschlagsplänen auf Synagoge in Heidelberg

Zwei junge Männer tauschen sich in Chats über mögliche Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Heidelberg und Frankfurt am Main aus

 29.10.2024

Zeitz

Reinhard Schramm warnt vor Zweckentfremdung von Spendengeldern

Der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen wirbt im Spendenstreit für Simon-Rau-Zentrum

 28.10.2024

Stuttgart

Lebensbejahende Botschaft

Die Israelitische Religionsgemeinschaft Württembergs feierte das Neujahrsfest

von Brigitte Jähnigen  27.10.2024

München

Wunden, die nicht heilen

Tausende zeigten auf dem Odeonsplatz Solidarität mit Israel. Die IKG lud am Jahrestag des Hamas-Massakers zu einem Gedenkakt in die Synagoge

von Luis Gruhler  27.10.2024

Oper

Kammeroper »Kabbalat Shabbat« in Berlin

Die Zuschauer werden zu einem Schabbatmahl eingeladen. Die Oper ist die erste, die auf Hebräisch in Deutschland interpretiert wird

von Christine Schmitt  23.10.2024

Kunstatelier Omanut

Beschallung mit wunderbaren Stimmen

Judith Tarazi über das erste Inklusions-Konzert, Vandalismus und offene Türen

von Christine Schmitt  22.10.2024