Während Israels Streitkräfte in Gaza gegen den Terror kämpfen und Familien im jüdischen Staat um ihre Liebsten trauern oder bangen, ist nichts wie vorher. Parallel verbreitet sich der Judenhass in vielen Teilen der Welt - inklusive der Bundesrepublik. Die Gefahr für Juden steigt. Umso wichtiger ist es, zusammenzukommen.
Trotz all der Ereignisse, Probleme, Ängste und der Trauer fand am Sonntag in der Synagoge Pestalozzistraße der traditionelle Chanukka-Basar statt - und das ist gut so. Das Event bot Gemeindemitgliedern und anderen Gästen die Möglichkeit, in schwierigen Zeiten etwas Normalität und eine festliche Stimmung zu erleben. Zudem konnten sie sich austauschen. Kein erwachsener Besucher konnte den Krieg und das Leid vergessen, aber die Stimmung an diesem Nachmittag war gut - so gut es in Zeiten wie diesen eben ging.
Über den Nachmittag hinweg erschienen Hunderte Gäste in der Pestalozzistraße, von denen sich viele in die Synagoge selbst begaben, um Gesangsvorstellungen und andere Performances zu erleben - darunter auch Klavier spielende Marionetten. Die Leih-Kippot am Eingang waren zeitweise vergriffen - ein Anzeichen dafür, dass in der Tat viele Menschen kamen.
Ort der Begegnung
Im Vorraum gab es exotisch anmutende Kerzen in allen Farben des Regenbogens - hergestellt in einer »künstlerisch orientierten Tagesbetreuung für Menschen mit Behinderung« in Trägerschaft der ZWST, wie Judith Tarazi erklärte. Sie sagte, es sei wichtig, dass der Basar stattgefunden habe. »Ich glaube, dass das Bedürfnis nach Orten der Begegnung, wo man sicher ist und sich wohlfühlt, gewachsen ist.«
Gleich gegenüber bot ein russisches Gemeindemitglied selbst gefertigte Chanukkiot, hübschen Chanukkah-Schmuck und Puppen an. Daneben, an einem anderen Stand, war ein weiteres, originelles Chanukka-Geschenk verfügbar, nämlich ein jüdisches Kartenspiel mit Tradition, das vor allem in Ost-Europa gespielt wurde, aber in Vergessenheit geriet. Bea Ehrlich entwickelte eine moderne Version, die sie beim Basar anbot.
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas habe ihren Alltag verändert, erklärte Bea Ehrlich. Sie sei regelmäßig mit der U8 zur Synagoge am Fraenkelufer im Stadtteil Neukölln unterwegs und gucke sich die anderen Passagiere sehr genau an. Beim Basar fühle sie sich aber gut geschützt - zu Recht, denn neben regulären Sicherheitsbeamten war auch der Wachdienst der Berliner Polizei am Tor vertreten. Die Sicherheit hatte höchste Priorität.
Karamell oder Sahne
Vor der Synagoge gab es schönen Schmuck, darunter auch goldene Ketten mit Davidsternen. Begehrt waren auch die Tombolalose. Der attraktive Hauptpreis: eine Nacht für Zwei im Hotel Adlon am Brandenburger Tor.
Ebenso frische wie heiße und lecker aussehende Waffeln gab es am nächsten Außenstand - wahlweise mit Kirsch-Soße, Karamell oder Sahne. Selbst Glühwein war verfügbar - optional auch mit Schuss - und Kinder-Punsch für die Kleinen.
Einer der schönsten Stände von allen war in einem Zelt auf dem Hof vor der Synagoge untergebracht. Drei Frauen aus der Gemeinde hatten zahlreiche umwerfend aussehende Kuchen aufgebaut, darunter Apfel- und Aprikosenkuchen, Schoko-, Keks- und Käsekuchen. Letzterer war schnell ausverkauft.
Erlös für Waisenkinder
Was wäre ein Kuchenstand auf einem Chanukka-Basar ohne Sufganiyot? Diese Leckereien gab es natürlich ebenfalls. Der Erlös aus all diesen Köstlichkeiten geht an Waisenkinder aus den von der Hamas angegriffenen Kibbuzim im Süden Israels.
»Ich bin sehr zufrieden«, sagte Naomi Birnbach, eine der Organisatorinnen des Basars, der Jüdischen Allgemeinen vor Ort. »Die Tombola läuft noch, es gibt viel Essen, Trinken und Kuchen. Alle sind versorgt und froh.« Trotz allem sei die Stimmung ausgelassen gewesen. »Die Leute sind froh, dass wir den Basar veranstalten.«