Pharaonen und Königinnen, Sultane, Personen in Fantasieuniformen, Venezianer, Hippies, Frauen als Männer und umgekehrt, sogar kölsch Hänneschen – in bunten und ausdrucksstarken Kostümen haben am Samstagabend rund 100 Personen im Blaue-Funken-Turm am Kölner Sachsenring Purim gefeiert. Bis weit nach Mitternacht wurde ausgelassen getanzt, gesungen und geschunkelt. Die Wahl des schönsten Kostüms musste entfallen, weil die Gäste durchtanzten. Das Fest, das in diesem Jahr auf den 24. März fällt, gilt als das fröhlichste im jüdischen Kalender.
Dabei hat das Ganze einen sehr ernsten Hintergrund: Denn mit Purim wird die Erinnerung an die Juden im Persien des fünften Jahrhunderts v.d.Z. lebendig gehalten, die damals mithilfe der klugen Esther einem Pogrom entkamen.
Vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse bekam das diesjährige Purimfest eine hochaktuelle und besonders gegenwärtige Bedeutung. Viele fragten sich: Kann überhaupt gefeiert werden? »Unbedingt, denn die Erhaltung des Lebens steht im Mittelpunkt dieses Festes, und das ist gerade seit dem Trauma vom 7. Oktober 2023 wichtig«, betont Orly Licht, Vorstand der Kölner Women’s International Zionist Organization (WIZO) sowie Vizepräsidentin der WIZO Deutschland. »Es zeigt, dass wir Juden wehrhaft sind, denn an Purim feiern wir die tapfere Selbstverteidigung des jüdischen Volkes.«
Die Kölner WIZO-Damen hatten die Feier unmittelbar nach dem Weltfrauentag mit einer Botschaft verbunden.
Die Kölner Damen von WIZO, der nach eigenen Angaben größten internationalen Frauenorganisation, hatten die Feier unmittelbar nach dem Weltfrauentag mit einer Botschaft verbunden: »Lasst dieses Purim eine Erinnerung daran sein, wie wichtig es ist, stark in unseren Überzeugungen zu sein und niemals Angst zu haben, sich gegen das Böse zur Wehr zu setzen.«
Die Bedrückung war geradezu mit Händen zu greifen, als Licht in ihrer Rede an die sexuelle Gewalt gegenüber den Frauen in Händen der Hamas erinnerte. »Es ist schockierend, dass Menschenrechtsorganisationen wie auch Frauenbewegungen weltweit zu diesem Vorfall geschwiegen haben.« Solidarität für Betroffene ende offenbar dort, wo Betroffene jüdisch seien. »Wenn man schweigend akzeptiert, dass Überlebenden nicht geglaubt wird und ihr Leid nicht zählt, ist das Antisemitismus.«
Bettina Levy, Vorstandsmitglied der Synagogen-Gemeinde Köln (SGK), erinnerte daran, dass sich nach wie vor 19 Frauen in der Gewalt der Hamas im Gazastreifen befinden. »Wir feiern das Leben und stärken Frauen hier, damit sie Frauen in Israel und in der Geiselhaft stärken.« Auch in dunkelsten Zeiten scheine das Licht des Glaubens und der Tapferkeit, so die zumeist als Esther verkleideten Kölner WIZO-Damen.
Deshalb wurden auch Spenden für das WIZO-Projekt »I am not OK« gesammelt, sodass in Israel Therapieplätze zur Behandlung von Menschen mit traumatischen Erfahrungen entstehen können. Gerade an Purim geht es darum, dass wirkliche Freude nur dann entstehen kann, wenn man auch an Menschen in Not denkt. Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, zeigte sich tief beeindruckt vom Engagement und Enthusiasmus der Kölner WIZO und ihrer Gäste: »Das war ein großartiges, hoffnungsvolles und Mut machendes Zeichen der Solidarität mit Israel.«