Jüdinnen und Juden in Deutschland fühlen sich zunehmend bedroht. Das berichtet der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias).
Seit dem Angriff der Hamas-Terroristen auf Israel am 7. Oktober habe es rund 1800 Straftaten mit anti-jüdischem Hintergrund gegeben, sagte Daniel Poensgen, wissenschaftlicher Mitarbeiter von Rias, am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin. Hinzu kämen mehrere hundert Fälle unterhalb der Strafbarkeit.
Zum Beispiel nähmen Anfeindungen am Arbeitsplatz zu, aber auch Markierungen an Wohnungen und Häusern, in denen Juden leben. Dies mache vielen Menschen große Angst. Auch über Soziale Medien erhielten Jüdinnen und Juden immer wieder Drohungen wie »Schade, dass Hitler vergessen hat, Dich zu vergasen.«
Die Zahl der registrierten Fälle habe sich innerhalb von kürzester Zeit verdreifacht, so Poensgen weiter. Einen besonders starken Anstieg gebe es vor allem im Bereich des israelfeindlichen Aktivismus - etwa aus dem Umfeld von Israel-Boykott-Bewegungen wie BDS - sowie aus islamistischen Kreisen und aus der radikalen Linken.
Bisher habe das Bundeskriminalamt immer Zahlen vorgelegt, wonach über 80 Prozent der judenfeindlichen Taten aus dem rechtsextremen Bereich kämen, fügte Poensgen hinzu. Auch Rias teile weiter die Einschätzung, dass die größte Gefahr von dort komme und aus dem Bereich der Verschwörungsideologien. Allerdings gebe es auch das Problem, dass bisher alles automatisch dem Bereich Rechtsextremismus zugeordnet werde, wenn die Hintergründe unklar seien. Diese Zuordnungspraxis müsse beendet werden, forderte der Rias-Experte. Stattdessen müssten Polizei und Behörden die Taten genauer auswerten.
Auf die Frage nach der Grenze, wo berechtigte Kritik an Israel und seiner Politik ende und Antisemitismus beginne, sagte Poensgen: »Wenn Israel insgesamt delegitimiert wird, wenn also das Existenzrecht des Staates verneint wird, wenn klassische antisemitische Stereotype einfach auf Israel übertragen werden und wenn Israel in einer dämonisierenden Art und Weise beschrieben wird, dann haben wir es mit israelbezogenem Antisemitismus zu tun.»kna